SWR4 Abendgedanken

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Soll man für alle Menschen beten? Das steht in der Bibel. Als Bitte. Der Apostel Paulus schreibt an seinen Schüler Timotheus: „So bitte ich euch herzlich, dass ihr vor Gott für alle Menschen im Gebet eintretet“. (1.Timotheus 2,1)

Vielleicht sagen Sie jetzt „Was? Für alle Menschen soll ich beten? Auch für den Arbeitskollegen, der mir das Leben in der Firma zur Hölle macht? Auch für die Schwester, die mich um das Erbe geprellt hat? Auch für die Selbstmordattentäter, die an so vielen Ecken der Welt Angst und Terror verbreiten? Für sie alle soll ich beten? Das kommt ja gar nicht in Frage! Da ist die Bibel anscheinend nicht ganz von dieser Welt.“ 

Wenn Menschen beten, beten sie für die, die ihnen am Herzen liegen: Für ihre Lieben. Für die Kinder und Enkel, für die Eltern, den Freund, die Freundin. Sie beten für die, die sie mögen. Das ist irgendwie normal.

Aber Jesus hat das anders gemacht. Er hat nicht unterschieden zwischen sympathisch und unsympathisch. Er hat zum Beispiel, als er schon am Kreuz hing, für die gebetet, die ihm das angetan haben: „Vater im Himmel, vergibt ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Die Bibel erzählt auch, dass Jesus besonders auf die Menschen zugegangen ist, die anderen das Leben schwergemacht haben. Der Zöllner Zachäus zum Beispiel. Bei den Leuten war er als Betrüger verhasst. Jesus hat ihn in seinem Haus besucht und sogar mit ihm gegessen. Das tat man damals nur mit Freunden. Und er hat seinen Anhängern gesagt: „Wenn ihr betet, betet auch für die, die euch verfolgen.“ (Matt. 5,44)

Im Sinne Jesu zu beten heißt für mich deshalb, für alle zu beten: Für meine Lieben wie für die, die mir unsympathisch sind. Für meine Freunde wie für meine Gegner. Für die, die mir am Herzen liegen, und für die, die mir das Leben schwermachen.

Manchmal bete ich so: „Gott, du weißt, wer mir das Leben schwermacht. Für sie bitte ich dich um deinen Segen. Und auch für mich: Hilf mir, mit ihnen klarzukommen.“

Ich glaube fest: Gott kann mir helfen, besser mit denen klarzukommen, die mir zu schaffen machen. Ich glaube auch, dass Gott ihre Herzen zum Guten verwandeln kann. Vielleicht wartet er nur darauf, dass ich ihn darum bitte. 

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