Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ein Schüler kommt zum Rabbi und fragt ihn: „Sag, Rebbe, kann ich beim Beten rauchen?“ Der Rabbi schaut seinen Schüler an und antwortet: „ Nein, beim Beten kannst du nicht Rauchen. Aber, beim Rauchen kannst du beten.“

Auch das Herzensgebet ist eine Form, im Alltag zu beten. Das Herzensgebet lebt von der Wiederholung und von der Stille. Man kann es überall beten. Aber wenn man es lernen will setzt man sich am besten auf einen kleinen Gebetshocker oder auf ein dickes Kissen und betet mit dem eigenen Fluss des Atems. Das heißt, man spricht auf den Atem den Gottesnamen oder einen ganzen Satz. Ich habe das Herzensgebet gelernt mit dem Satz: Herr Jesus Christus  - erbarme dich meiner. Ich habe verschiedene andere Verse versucht, doch ich bin immer wieder zu dieser Formulierung zurückgekommen.

So bete ich das Herzensgebet: Einatmen, Herr Jesus Christus – Ausatmen, Erbarme dich meiner. Sitzen, atmen, den Satz in Gedanken auf den Atem legen und das war’s. Manchmal erscheinen mir 5 Minuten in der Stille wie eine Ewigkeit, dann wieder bin ich erstaunt, dass schon 15 Minuten um sind.  An manchen Tagen passt der Vers nicht auf den Atem, doch es gibt auch Momente, da ist es, als würde ich das Erbarmen leibhaftig spüren.

Ich sitze nicht mehr auf einem Gebetshocker. Ich gehe in die Klinikkapelle und setze mich auf einen Stuhl, doch auch das schaffe ich nicht immer. Ich weiß auch, warum: Es ist nicht immer schön, sich Gott auszusetzen. Es ist nicht immer angenehm sich den inneren Stimmen zu stellen. Die werden manchmal in der Stille ganz schön laut und bedrängend.

Und doch ist mir das Herzensgebet ein guter Begleiter durch mein Leben geworden. Und es gibt Situationen, da betet es in mir. Nicht wenn ich rauche, das mache ich nicht. Aber wenn ich nicht zur Ruhe kommen kann oder wenn ich beim Arzt im Wartezimmer sitze. Dann gibt es den Moment, wo sich der Vers auf meinen Atem legt: Herr Jesus Christus – erbarme dich meiner. Das sind kostbare Momente. Momente der Nähe zu Gott. Tröstlich und doch auch oft ein Geheimnis.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22192
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