SWR3 Gedanken

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Bei uns gibt es eine wunderbare Abkürzung. Ein kleiner Weg, der sich mitten zwischen Häusern und Gärten hindurchschlängelt. Für den kleinen, geschwungenen Pfad braucht man nur drei Minuten und spart sich einen wesentlichen längeren Umweg um mehrere Straßenecken. Als ich den Weg zuletzt gegangen bin, begegnete ich zwei Männern. Der eine jung, der andere alt, vielleicht Großvater und Enkel, dachte ich. Die beiden waren auffällig langsam unterwegs. Der Ältere kam nur schwer voran, mühsam setzte er einen Fuß vor den anderen. An seiner Seite: Der Junge. Einen Arm um die Schultern des Älteren gelegt, stützte und hielt er ihn. Schritt für Schritt und mit einer schier unendlichen Geduld. Für den kleinen Weg brauchten die beiden mindestens zwanzig Minuten.

Als ich an den beiden vorbei war, hat mich das Bild noch lange beschäftigt. Beeindruckend, was für eine Kraft und Geduld der junge Mann gehabt hat. Wie er den Alten stützt und jeden noch so mühsamen Schritt mitgeht. Und was für eine Geduld und Kraft hatte der Ältere. Der trotz offensichtlicher Mühe und Qual unbeirrt seine Füße voreinander setzt und seinen Weg geht.

Ein Segenswort, das ich schon öfters gesprochen habe im Gottesdienst, bekommt für mich auf einmal Hand und Fuß: „Gott segne deinen Weg, die sicheren und die tastenden Schritte, die einsamen und die begleiteten, die großen und die kleinen“, heißt es da.

Wir wissen nicht welche Wege wir gehen und wie wir sie gehen werden. Aber wir können darauf vertrauen: Gott will diese Schritte mit uns gehen. Egal, was kommt und wohin es uns führt. Und ich glaube daran, dass Gott uns in der Not jemanden an die Seite schickt. So jemanden wie den Jungen, der seinen Großvater begleitet. Auf verschlungenen Pfaden. Geduldig und gerne.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22135
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