SWR4 Abendgedanken

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„Gutmensch“ ist bei manchen zu einem Schimpfwort geworden. Wenn jemand sagt, dass die Welt sich ändern kann. Dass mehr Gerechtigkeit möglich ist. Dass Gott die Welt doch gut geschaffen hat und so, dass ihre Güter für alle reichen. Dass die Starken für die Schwachen Verantwortung haben. Dass es möglich ist, die Flüchtlinge in unserem reichen Land zu integrieren, wenn man nur will. Dann heißt es schnell: Ihr Gutmenschen habt doch keine Ahnung. Ihr seht einfach nicht, wie es zugeht in der Welt. Bleibt doch mal realistisch. Manchmal kommt es mir dann so vor, als ob das Gegenteil von einem Gutmenschen ein Pessimist ist.

Christen sind von Anfang an als Gutmenschen beschimpft worden – auch wenn es das Wort damals sicher noch nicht gab. Vor allem, wenn sie erzählt haben, was für Gott und mit Gottes Hilfe alles möglich ist, dann mussten sie sich sagen lassen: Ihr spinnt ja. Ihr seid ja betrunken (Apg 2, 1-13)!  den Jüngern von Jesus ist das passiert. Dabei hatten sie es doch erlebt: Wer blind war für die Möglichkeiten Gottes, konnte wieder sehen. Die wie gelähmt waren, weil das Leben ihnen schwer zugesetzt hatte, kamen wieder in Bewegung. Die nichts mehr hören konnten oder nichts mehr hören wollten, die wurden aufmerksam. Wenn man teilt, was da ist, reicht es für alle. Wenn man daran glaubt, dass es geht, dann ist vieles möglich. Mehr, als die Pessimisten sich vorstellen konnten. Die Jünger von Jesus hatten das erlebt und davon weiter erzählt.

Aber die das damals gehört haben, haben sich Sorgen gemacht. Was soll das werden, haben sie gesagt. Wo kämen wir denn da hin? Wir haben nichts abzugeben. Uns schenkt auch keiner was. Viele sagen bis heute, es sei realistisch, so zu denken.

Aber ich bin sicher, es wird sich nichts ändern, wenn Menschen so denken. Deshalb bin ich froh, dass es Gutmenschen gibt: Die rechnen damit, dass mehr möglich ist, als die Pessimisten meinen. Ich würde sagen: Sie vertrauen darauf, dass für Gott nichts unmöglich ist. Und teilen, was sie haben. Geben den Flüchtlingen Wohnung. Halten mit den Kranken aus. Helfen den Schwachen auf die Beine.

Und wenn man es probiert – dann geht wirklich mehr, als man denkt. Das hab ich selber schon erlebt. Deshalb will ich eigentlich lieber ein Gutmensch sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22130
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