SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Kürzlich erst ging er zu Ende, der 100ste Katholikentag in Leipzig und er trug das Motto „Seht, da ist der Mensch“. Ich war dort und habe Inspiration gesucht für meinen Glauben aber auch, um mir eine Meinung zu bilden über gesellschaftliche Themen, die heute aktuell sind oder sich bald in unserer Aufmerksamkeit drängen werden. Viel ist in den Medien bereits gesagt und geschrieben worden über den Ausschluss der AfD von den Podien und Mikrofonen des Katholikentags und ich fand es ärgerlich, dass diese Frage in der öffentlichen Wahrnehmung alles andere zu überlagern schien. Allerdings deutet sie auf etwas hin, was durchaus wichtig war für diesen Katholikentag: Er stand für einen offenen Glauben und eine offene Kirche. Er versuchte nach Kräften, auf diejenigen zuzugehen, die nicht gläubige Christen sind, sondern religiösen Fragen gleichgültig gegenüberstehen. Er versuchte offen zu sein für die Fragen dieser Menschen und für ihre Sichtweise. Gleichzeitig ging es wie schon so oft darum, wie sehr kirchliche Lehre und Praxis anschlussfähig ist an die Gesellschaft von heute. In zahlreichen Diskussionspodien beackerte man kontroverse Dinge wie die Rolle von Frauen in der Kirche, Machtverhältnisse, umstrittene Sexualmoral und weitere Dauerbrenner unter den heißen Eisen.

Und immer wieder ging es vor allem um das politische Hauptthema dieser Tage: Wie umgehen mit Flucht, Migration, Fremdheit und Integration? Wie können wir den Ängsten derer begegnen, die sich verunsichert fühlen durch das, was sie als Flut von Fremdheit und als Gefahr für ihren Wohlstand empfinden?

In Leipzig habe ich es wieder gemerkt: Wenn es dem Christen wirklich um Gott geht und um die Botschaft des Evangeliums, dann kann er gar nicht anders, als sich zu öffnen. Glaube stiftet Gemeinschaft und überwindet die Angst. Angst führt zu Verschlossenheit, Glaube zu Offenheit. Es ist geradezu ein Lackmustest, ein Qualitätsverfahren für den Glauben, ob er in die Weite führt oder in die Enge, ob er Türen öffnet oder Zäune baut. Beim Katholikentag wie im Alltag gilt dies für beide Bereiche: Den Bereich innerhalb der Glaubensgemeinschaft und den Bereich, in dem die Kirche in die Gesellschaft hineinwirkt. Denn letztlich muss es um den Menschen gehen. Gott schaut auf den Menschen und auf seine Einzigartigkeit und seinen Wert. Wir tun gut daran, es Gott gleich zu tun. „Seht, da ist der Mensch“ so lautete wie gesagt das Motto des Katholikentags – ein sehr aktuelles und wichtiges Motiv, das ist mir in Leipzig immer wieder aufgegangen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22127
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