SWR3 Gedanken

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Ich habe zwei Schwestern. Und obwohl wir erwachsene Frauen sind, raucht es zwischen uns immer wieder ordentlich. Eine kritisiert mich beispielsweise und ich schlage voll zurück. Auge um Auge, Zahn um Zahn.Der Satz steht dafür, sich nichts gefallen zu lassen. Im Konflikt mit gleichen Mitteln heimzuzahlen.

Er stammt aus der Bibel, aus dem Alten Testament.

Viel später kommt Jesus und er sagt was anderes: „Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich sehe das anders. Wenn dich einer auf die Backe schlägt, halt ihm auch die andere hin. Wenn jemand dein Hemd will, gib den Mantel auch gleich mit her.“

Ich finde das hart umzusetzen. Ist das sein Ernst? Wie soll ich das denn machen? Es ist auch verwirrend: Warum hebt er denn das auf, was in der Bibel steht und jahrhundertelang gilt? 

Genau genommen entwickelt Jesus die alte Regel weiter. Im Alten Testaments war es schon neu, jemanden nicht gleich umzubringen, sondern es ihm „nur“ mit gleichen Mitteln heimzuzahlen. Und jetzt kommt Jesus, der absolut gegen Gewalt gewesen ist. Viele Situationen hat er vollkommen umgedreht, weil er sie eben nicht gewalttätig gelöst hat. Er selbst hat es durchgezogen: am Ende seines Lebens hat er sich nicht gegen die grausame Kreuzigung gewehrt. Seine Überzeugung ist völlig klar: wenn Du zurückschlägst, wird nichts besser. Es schaukelt sich alles nur hoch. 

Bei Konflikten mit meinen Schwestern schaffe ich das manchmal: kurz innehalten, geistig einen Schritt zurücktreten und die Situation aus einer anderen Perspektive sehen. Ich habe Ein-Sicht im wahrsten Sinne des Wortes. Ich werde dann freier und kann alles besser einschätzen.

Und dann schaffe ich es wieder nicht. Ich muss oder will mich wehren. Ich verletze meine Schwestern dann bewusst - wenn auch „nur“ mit Worten. 

Es bleibt für mich schwierig, das im Leben umzusetzen. Aber ganz klar: wenn ich Jesus ernst nehme, dann „halte ich auch die andere Backe hin“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22104
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