SWR3 Gedanken

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„Die Würde des Menschen ist auch beim Ficken unantastbar“. Diesen Satz hab ich letzte Woche in Stuttgart gelesen. Auf einem Plakat am Straßenrand. Teil einer Aktion der Stadt Stuttgart – gegen Zwangs- und Armutsprostitution. Das F-Wort geht mir nicht leicht über die Lippen, schon gar nicht öffentlich, im Radio. Andere Sätze dieser Aktion schon eher, wie „Kondome benutzt man, Frauen nicht“ oder „Willst Du der Mann ihrer Albträume sein?“ Die Plakataktion der Stadt Stuttgart wendet sich direkt an die Freier. Zielt genau auf das worum es geht, den Sex, und spricht dabei die Sprache, die dem Körpergeschäft entspricht. Entscheidend dabei aber ist, dass damit die Schwächsten in diesem Gewerbe geschützt werden sollen. Minderjährige Mädchen, die zur Prostitution gezwungen werden, Frauen, die aus Armut ihren Körper verkaufen müssen. Die Aktion richtet sich nicht gegen die Prostitution an sich. Die Verantwortlichen sind sich klar, dass das älteste Gewerbe der Welt eine Tatsache ist und bleiben wird. Auch in Stuttgart. Wo es 165 Rotlichtbetriebe gibt und 600 Prostituierte. Vor allem aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Arme Frauen, die auf reiche Männer treffen. Oder eine Not auf die andere. Damit dabei ein Mindestmaß an Menschlichkeit gewahrt wird, gab es diese Aktion. Natürlich ist fraglich was eine Plakataktion erreichen kann. Und natürlich ist es auch für einen Freier schwierig zu beurteilen ob eine Frau minderjährig, arm ist oder zur Sexarbeit gezwungen wird. Aber ein Plakat, das den Männern vor Augen hält, dass auch bezahlter Sex mit Menschenwürde zu tun hat, ist gut.    Weil es provoziert. Und damit die Aufmerksamkeit auf die Not von Menschen lenkt, die im Schatten unserer Gesellschaft leben. Und es ist auch gut, dass das Plakat eine Sprache spricht, die zum gekauften Sex passt: kurz, hart und drastisch.

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