Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Wo findet sich der siebte Himmel eigentlich? Eine Frage, die gut in den Mai passt. Jetzt wird wieder geheiratet. Autos fahren hupend durch die Straßen. Und die Gesichter der Festgesellschaften verraten meist: Da fühlen sich welche wie im siebten Himmel.

Der siebte Himmel geht auf eine alte Vorstellung vom Aufbau der Welt zurück. Bei den antiken Griechen und Römern beispielsweise war die ganze Welt wie ein Hochhaus aufgebaut. Mit vielen Etagen und Zimmern. In diesem riesigen Weltgebäude gab es nicht nur einen, sondern viele Himmel. In dem die Götter thronten. Das Paradies aber, dieser Sehnsuchtsort vieler Religionen, das findet sich eben im siebten Himmel.

Solch räumliche Beschreibungen sind Hilfsmittel. Sie helfen dabei Ordnung in eine manchmal chaotische Welt zu kriegen.

Wenn sich das Brautpaar, das gerade geheiratet hat, im siebten Himmel fühlt, dann ist das auch so eine Hilfsüberlegung. Ein Bild, das für Glück steht, für Abgehobensein, für ein Gefühl des Schwebens – ganz weit oben.

Die Rede vom siebten Himmel kann aber auch bedeuten: Ich lebe, bildlich gesprochen, in unterschiedlichen Orten. Ich kann auf dem Boden der Tatsachen stehen, aber ich kann mich auch wie im Himmel fühlen – oder sogar im siebten Himmel schweben. Ich kann sozusagen die Stockwerke der Welt – und meiner Gefühlslagen – wechseln. Ich kann in dieser Welt immer wieder neue Etagen und Zimmer aufsuchen – und dann neue Erfahrungen machen, Welt anders und neu erleben.

Die Rede vom siebten Himmel befreit. Sie macht mir klar, dass ich frei in dieser Welt bin. Nicht an einem Platz auf ewig festgebunden. Ich kann mich frei bewegen, kann neue Ansichten und Einsichten gewinnen. Im siebten Himmel, aber auch im zweiten oder im vierten Himmel – und sogar auf der Erde. Ich muss mich nur drauf einlassen. Wie zwei, die heiraten, sich aufeinander einlassen – und dabei einen neuen Ort entdecken, den siebten Himmel.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22028
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