Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Morgen ist Fronleichnam. Auf den ersten Blick sicher das merkwürdigste Fest, das die Katholiken feiern. Der Begriff Fronleichnam leitet sich vom mittelhochdeutschen »vrône lîcham« ab, der »Leib des Herrn«. Ein frommer Begriff für die Hostie, die im Gottesdienst verwendet wird. Und dieser »Leib des Herrn« wird an Fronleichnam durch die Straßen getragen. Begleitet von Fahnen, Musik und vielen Menschen. Nicht einfach so, sondern in einer Monstranz, einem Zeigegerät. Das hat in der Mitte eine Glasplatte, hinter der die Hostie steckt und so zu sehen ist.

Der Sinn des Ganzen? Glaube wird sichtbar. Die Fronleichnamsprozessionen zeigen: Glaube braucht Öffentlichkeit, gehört auf Straßen und Plätze.

Was merkwürdig ist: Die Römer haben bei ihren Triumphzügen nach gewonnener Schlacht die Beute durch die Straßen getragen. Die Pokalsieger im Fußball schwenken den riesigen Pott von einem Bus aus, Autokorso inklusive. Bei der Fronleichnamsprozession dagegen wird nur ein Stück Brot gezeigt. Sicher, für Christen ist das viel mehr. Es steht für Jesus, für seine Gegenwart. Das scheint ziemlich paradox. Was ist denn schon Brot? Ein notwendiges aber alltägliches Lebensmittel. Es ist überall zu haben, es kostet wenig, es steht bei vielen tagtäglich auf dem Tisch. Und das soll was Besonderes sein?

Genau an diese Alltäglichkeit aber knüpft Fronleichnam an. Das Fest sagt: So alltäglich und präsent wie Brot in jedem Haushalt ist, so ist Jesus, so ist Gott selbst. Gott ist ein naher Gott, einer, der jeden Tag da ist, so wie das Brot. Wenn die Hostie durch die Stadt getragen wird, dann soll genau das deutlich gemacht werden: Gott ist überall zu finden. Auch und gerade im Alltag, auf der Straße, unter Menschen.

Gott ist überall zu finden. Wo denn, können Sie fragen? Das Brot sagt: Gott ist da, wo Menschen miteinander teilen, wo sie miteinander essen, wo sie aneinander denken. Wo sie auf den Geschmack des Lebens kommen. So wie jeder Bissen Brot von diesem Geschmack erzählt.

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