Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Jetzt schlägts aber 13!“ Das ist eine Redewendung, die sich bis heute im Sprachgebrauch gehalten hat.
Und sie kommt aus einer Zeit, als der Glockenschlag von der Kirchturmuhr noch den Alltag getaktet hat.
Wer wissen wollte, was die Stunde geschlagen hat, musste einfach auf die Kirchenglocken achten.
Denn alle lebten eben rund um die Uhr, um die Kirchturmuhr.

Zeitansage im wahrsten Sinne des Wortes, das ist einmal ureigene kirchliche Angelegenheit gewesen.
Was für ein Service für die Kundschaft, die sich am Sonntag unterm Kirchendach versammelt hat und die Woche über unter allen Dächern die Zeit angesagt bekam.

Und normalerweise konnte es maximal 12 schlagen. Am Mittag und um Mitternacht. So war die Ordnung. Die 12 galt darum als eine heilige Zahl, als Zahl guter Regelmäßigkeit und göttlicher Regie. Schließlich gibt es 12 Apostel, 12 gute Feen im Märchen, 12 Monate, 12 Sternzeichen, 12 Tag- und Nachtstunden.

Die 13 fällt da raus. Sie ist ein Alarmzeichen. Sie kommt nämlich nach der guten 12 und sprengt den Rahmen der beruhigten Normalität. Daher gilt sie als Unglückszahl. Man vermeidet sie, wo es geht. Kein Hotelzimmer, kein Stockwerk, kein Sitzplatz mit der Nummer 13, wenns geht.

Sagt also jemand empört und aufgeregt:
„Jetzt schlägts aber 13!“ dann ist das ein vielsagender Ausdruck des Protestes und des Widerspruchs. Will sagen: Das geht aber jetzt zu weit!

Es ist sehr spät geworden schon für diese erschütterte Welt mitsamt ihrer Unordnung. Längst nicht mehr 5 vor 12, sondern im Hinblick auf Hunger, Ungerechtigkeit und Krieg vielerorts längst nach 12.

Jetzt schlägts aber 13!
Wie ein mahnender Zeigefinger zeigen die Kirchtürme zum Himmel und rufen uns auf zum Protest  für das Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21999
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