Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Haben Sie heute Morgen schon Glocken gehört? Hats schon geläutet vom Kirchturm? Sie stehen ja überall. Noch. Ich staune immer, wenn ich durch die Dörfer fahre und sehe sie in allen Variationen.

„So viele Filialen hat nicht jede Firma!“ denk ich dann als Kirchenmann. Was haben die Generationen vor uns dafür investiert, damit die Kirche im Dorf bleibt. Und die Glocken im Kirchturm.

Schon seit mehr als 1000 Jahren bimmelt es als Werbeblock für Gott. Im Dorf meiner Kindheit hat das Glockengeläut jeden Wochentag bestimmt und den Sonntag ja sowieso. Das Leben war getaktet immer am Glockenklang entlang. Am Morgen auf dem Weg zur Schule, um 11 Uhr für die Leute bei der Feldarbeit, damit sie wussten dass bald Mittag ist und das Essen jetzt auf den Herd muss. Am Abend hat die Nachtglocke alle Kinder von der Straße nachhause gefegt.

Am Samstagnachmittag wurde der Sonntag eingeläutet, am Sonntag begann der Ruf zum Gottesdienst eine Stunde vorher schon und schwoll dann an bis zum vollen Geläute. Es läutete den ganzen Lebenslauf entlang, zu Hochzeiten und Tiefzeiten.

Ist jemand gestorben, so wurde durch dreimaliges Zeichenläuten sozusagen die Nachricht in die Luft gepostet.
Und dann haben die Leute sie zwar nicht geliked, aber doch vielfach geteilt im Dorf. Das Leben sortiert rund um den Kirchturm, gestundet von dem Gott, der uns allen das Leben gibt und zu dem es wieder zurückkehrt.

„Meine Zeit steht in deinen Händen“ sagt die Bibel. Die Generationen vor uns wären im Traum nicht darauf gekommen, sich über den Lärm von Glocken zu beschweren.

Für sie ist es ein gemeinsames Symbol gewesen, dass das Leben der Vielen zu einem gemeinsamen Rhythmus zusammenbringt.
Natürlich kleben wir heute nicht mehr im Gleichschritt getakteter Zeit.

Trotzdem rufen die Glocken noch immer nach uns, egal was wir gerade tun. Vielleicht gelingt es uns ja, diesen Schatz wieder neu zu entdecken als immer noch heiliger Bim Bam.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21997
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