SWR3 Gedanken

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Maria, die Mutter von Jesus, wird im Mai besonders verehrt. Marienbilder zeigen meistens eine Himmelskönigin, obwohl eigentlich eine echte Rebellin in ihr steckt. Marias Leben hat wenig mit Gold und Seide zu tun. Sie ist ein jüdisches Mädchen aus einem Bergdorf in Palästina. Wahrscheinlich schwielige Hände vom Wasserholen und Brotbacken. Vielleicht muss sie ihrem Geliebten in der Schreinerei helfen. Auf jeden Fall aber wird über sie getuschelt, denn sie ist noch nicht verheiratet und trotzdem schwanger. 

Und dann besucht Maria ihre Verwandte Elisabeth und singt ihr aus heiterem Himmel einen echten Revoluzzer-Song vor, und der geht so: „Der Herr stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.“ 

Diesen Text muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Gott entthront die Großkopfigen und baut die Kleinen auf, er beschenkt die Armen und die Reichen bekommen nichts. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer hat dazu gesagt: „Es ist nicht die sanfte, verträumte Maria, wie wir sie auf Bildern sehen, sondern es ist die leidenschaftliche, begeisterte Maria, die hier spricht.“ 

Ich finde, dieses Lied passt gut zum heutigen „Tag der Arbeit“. Heute demonstrieren viele für bessere Arbeitsbedingungen. Das wäre bestimmt auch Maria wichtig gewesen. Und das passt besser zu ihr als all die Bilder einer Himmelskönigin oder einer Frau, die klein beigibt und sich still im Hintergrund hält. Nein! Maria, das ist für mich die Arbeiterin, auch die unangepasste Mutter, und auf jeden Fall die Rebellin.

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