SWR2 Wort zum Tag

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„Gegrüsset seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir“ - kaum ein Gebet ist in der  katholischen und orthodoxen Christenheit so verbreitet wie dieses. Unzählige Male hat man in der Kunst und in der spirituellen Vorstellungskraft diese Geschichte der Verkündigung an Maria dargestellt: Der Engel tritt bei ihr ein, so erzählt der Evangelist Lukas, und begrüßt sie  herzlich im Namen Gottes: „Voll der Gnade“ sei sie, also nicht nur voller Anmut und Aufrichtigkeit, sondern erfüllt vom liebevollen Blick Gottes und seinem Wohlwollen. Maria  antwortet ein bisschen erschreckt, aber auch ganz offen und neugierig auf den Gruß des Engels: „Gegrüsset seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir“.

So wird Maria  Urbild  des Glaubens. Sich von Gott her ansprechen zu lassen und sich seine Liebe gesagt sein zu lassen, das ist die  Lebenswende schlechthin. Jeder Engel steht ja für das Wunderbare im Leben, für das kaum Glaubliche. Sich selbst von Gott persönlich so gemeint und angesprochen zu fühlen, so begrüßt und willkommen geheißen  - das schenkt dem Menschen eine unglaubliche Würde, das ist nicht zu fassen. Unsereiner, nur ein Augenblick in der Evolution und in der Geschichte, er ist in den Augen Gottes unendlich kostbar. Jeder Mensch hat etwas von dieser Gottdurchlässigkeit, jeder Mensch ist ansprechbar auf dieses Wort der Liebe und der unbedingten Anerkennung: „der Herr ist mit dir“. Wenn Menschen sich also betend in das „Gegrüsset seist du, Maria“ einnisten, dann lassen sie sich wie Maria den Gruß des Engels gesagt sein. Dann gilt für jeden, der dies hört und betet, dass er mitten im Leben ganz bei Gott willkommen ist und bleibt. Kein Blindgänger der Evolution, kein Unglücksfall des Schicksals, kein Zufall, nein begrüßt und geliebt – und, das sei vergessen, eingeladen, Gott in sein Leben einzulassen und  darin fruchtbar  zu werden, empfänglich wie Maria.

Das Bild von der göttlichen Verkündigung an Maria  wird zur Urszene des Glaubens. Denn der kommt vom Hören. Ich lasse mir etwas sagen, was ich selbst nicht sagen kann: das Wort der Liebe und Vergebung, Lob und Anerkennung. Ich lasse mir das von Gott her sagen, vermittelt durch andere Menschen. Das können dann wahrhaft Engel sein. Denn was sie bringen, ist so unglaublich: „der  Herr  ist mit dir; du bist voll der Gnade“; du bist gesegnet, auch wenn du es selbst kaum glauben kannst. Maria hat es geglaubt.  Nicht zufällig ist  sie  zur Ikone  der Glaubenden geworden. Mitten im Frühlingserwachen draußen schaut die Christenheit auf das Erwachen Gottes im Leben der Menschen, die ihn einlassen wie Maria.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21891
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