Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kann man mit vollen Händen beten? Ich sehe den Buchtitel und bleibe daran hängen. Was soll die Frage? Ich brauche doch gar nicht meine Hände zum Beten. 

Aber umgekehrt verbinden viele mit dem Gebet gefaltete Hände. Hände, die zur Ruhe kommen. Die deutlich machen: Jetzt wird mal nichts geschafft.

Hände, die bewusst auf dem Schoß ruhen, ineinander gelegt, vielleicht auch offen wie eine Schale. Das kann beruhigen. Das kann auch die Gedanken sammeln. Ich kann still werden, an Gott denken, ihn bitten, ihm danken.

Ja, die Hände können dabei durchaus helfen, mich von Gott erfüllen, mich beschenken zu lassen. Ich probiere das immer mal wieder aus. Bete mit geöffneten leeren Händen. 

Aber ich bleibe dabei: Ich kann genauso gut auch mit vollen Händen beten. 

Schon oft habe ich voll bepackt zu Gott gebetet. Mitten im Umzug, wenn ich Kisten geschleppt habe und nicht wusste, ob ich überhaupt umziehen will. Mitten in der Nacht, mit einem weinenden Kind auf dem Arm. Oder mit dem Lenkrad in der Hand, einfach nur dankbar darüber, dass ich etwas Schönes unternehmen kann.

Ja, ich kann auch gut mit vollen Händen beten. Ich fluche oder erzähle, was mich bewegt. Was mich froh, traurig oder verzweifelt macht.

Ich sage einfach frei heraus, was mein Herz, aber auch was meine Hände gerade beschäftigt. 

Von solchen Gebeten ist auch die Bibel voll. In den Psalmen klagen, staunen, loben die Menschen. Sie vertrauen sich Gott an. Erzählen einfach, was los ist. Was Angst macht. Was ungerecht ist. Was schön ist.Ob sie dabei die Hände voll oder leer haben, spielt keine Rolle. Viel wichtiger ist, dass sie das Leben, so wie es nun mal ist, vor Gott bringen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21885
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