SWR3 Gedanken

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Die Würde des Menschen ist unantastbar. Heißt es in unserem Grundgesetz. Klingt schön, ist aber gar nicht selbstverständlich. Man braucht nämlich in Sachen „Würde antasten“ ein gewisses Fingerspitzengefühl. Und jemanden, der einem das zeigt.

Zum Glück habe ich Paula. Die hat mir dabei geholfen, auf dem Klo. Paula kann nämlich schon alleine aufs Klo. Sie ist ja auch schon drei. Aber um auf die Klobrille raufzukommen, da braucht sie noch jemand.  Was heißt jemand- das dürfen nur Mama oder Papa. Und die müssen dann auch sofort wieder raus. Paula will auf dem Klo allein sein. Sie blättert dann ihr Bilderbuch durch und irgendwann ruft sie: „Fertig!“ Dann muss die Person ihres Vertrauens sie wieder runterheben.

Einmal, Mama und Papa waren grad nicht da, bin ich gekommen. Ich hab mir nix dabei gedacht, schließlich hab ich ihr beim letzten Besuch noch die volle Windel ausgezogen und alles war gut. Aber jetzt rastet Paula aus. „Geh weg! Geh weg!“- „Paula, sagt ich, Mama und Papa sind beschäftigt, ich kann das doch schnell machen.“ - „Neiiiin! Nicht reinkommen!“

„Hab dich nicht so!“ mir liegen die Worte noch auf der Zunge, die ich als Kind oft gehört habe. „Hab dich nicht so. Und überhaupt- schäm dich. Ich meins doch nur gut“. Nein, das hab ich nicht gesagt. Weil ich weiß, wie sehr das verletzt. Und es gibt kaum etwas, mit dem man Kinder gefügiger macht als durch Beschämung.

Scham ist der natürliche Schutzwall von Würde. Man darf sie niemals einreißen.  Deshalb redet die Bibel an dieser Stelle nicht von menschlicher Würde. Sie redet davon, dass wir alle „Gottes Ebenbild“ sind. Wir gehören zu Gott, da ist heiliges Land, das man nicht betreten darf.

Es sei denn, man wird darum gebeten. Deshalb hab ich vor der Klotür zu Paula gesagt: „Du, ich guck ganz bestimmt nicht hin. Darf ich dann reinkommen?“ – Darauf Paula, ganz erleichtert. „Ok. komm rein.“

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