SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Seit gut vier Wochen ist es wieder so. Ich wache auf und durchs offene Fenster höre ich die Vögel zwitschern. Manchmal wache ich sogar durch diesen Vogelgesang auf. Das Konzert beginnt nämlich meistens früher als mein Wecker klingelt. Das ist für mich Frühling. Ich staune, wie so ein Tierchen so viel Klang erzeugen kann, obwohl es nicht viel größer als meine Handfläche ist. Vor kurzem bin ich noch ein paar Minuten liegen geblieben und habe es einfach genossen zuzuhören. Ich habe mir überlegt, warum die Vögel das überhaupt machen. Es wirkt ja so, als ob die Vögel mit dem ersten Licht der Dämmerung den kommenden Tag begrüßen. Ich habe nachgelesen, dass die Vögel so mit anderen Vögeln Kontakt aufnehmen. Zum einen, um ihr Revier zu markieren, zum andern aber auch, um sich zu paaren.

Als Mensch genieße ich es, dass die Natur so einen Überfluss des Schönen erzeugt. Als Christ deute ich es noch ein wenig anders. Alleine dadurch, dass sie existieren und ihr Wesen entfalten, zeigen die Vögel ein Stück der Schönheit der Welt – mitten in meinen Alltag hinein, der nicht nur schön ist. Und sie loben damit den Schöpfer. Das finde ich aufregend, weil ich dabei etwas über mich selbst lerne. Denn das könnte ja für mich als Mensch heißen, dass es schon ein Lob für Gott darstellt, dass ich bin, dass es mich gibt und dass ich mein Wesen entfalte. Als Mensch kann ich mein Leben ausdrücklich Gott widmen. Aber es geht scheinbar auch ohne so eine bewusste Widmung, wenn ich zur Verherrlichung Gottes und zu seinem Lob da bin. Einfach nur, weil es mich gibt und weil ich mein Wesen als Mensch entfalte. So wie der Vogel seinen Gesang entfaltet, kann ich mich entfalten, wenn ich heute arbeite oder meinen Hobbys nachgehe.

Der springende Punkt ist dabei in meinen Augen, wie ich mein Wesen entfalte. Ich bin überzeugt, dass dazu gehört, wie ich mit anderen zusammenlebe. Ähnlich wie der Vogel durch seinen Gesang mit den anderen kommuniziert, bin ich auf die anderen Menschen angewiesen und will mit ihnen gut zusammenleben. Das macht mich neugierig auf die anderen Menschen, die ich heute treffe: Wenn ich mir vorstelle, dass sich in jedem, in jeder Begegnung, ein Stück der Schönheit dieser Welt zeigt - das macht mich glücklich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21842
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