SWR2 Wort zum Tag

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Heute ist Weltmännertag, ein Tag der den Blick auf die Männer richten soll. Nachdem durch die Emanzipation immer wieder die Rolle der Frau erörtert wurde, wollen einige Institutionen nun dafür sorgen, dass auch der Mann thematisiert wird. Männer sterben im Durchschnitt 7 Jahre früher als Frauen. Liegt das daran, dass sie mehr Belastungen ertragen müssen? Oder daran, dass sie anders mit Belastungen umgehen? Oder achten sie einfach zu wenig auf ihre Gesundheit? Manche Leute fragen sich sogar, ob der Mann nicht eigentlich der Benachteiligte ist bei den Geschlechtern.
Wie hat Gott sich das wohl gedacht mit den Männern – und den Frauen? Die biblischen Autoren versuchen mit der Erzählung von Adam und Eva eine Erklärung. Diese Erzählung ist kein Tatsachenbericht, sondern ein Deutungsversuch: Gott hat Adam erschaffen, von der Wortbedeutung her so etwas wie ein Erdling, ein Wesen, aus Erde gemacht. Gott sieht, dass er einsam ist, und will ihm Gesellschaft und einen Beistand verschaffen. Aus einer von Adams Rippen formt er Eva. In diesem so genannten zweiten Schöpfungsbericht ist erst ein Wesen da, anscheinend ohne Geschlecht. Dann entstehen Mann und Frau. Oder vielleicht auch Frau und Mann? Die Bibelstelle diente immer wieder dazu, die Frau als nachrangig zu betrachten. Aber das könnte man natürlich auch andersherum sehen: Die Frau wurde geschaffen und was übrig blieb, war der Mann. Der Kern der biblischen Geschichte jedenfalls scheint weniger eine ganz klare Rollenverteilung zu sein, sondern die Tatsache, dass beide aufeinander angewiesen sind. Mann und Frau brauchen einander, nicht unbedingt nur als Paar, dafür gibt es zu viele andere Lebensformen. Doch sie sind in der Gesellschaft aufeinander angewiesen, um ihre Rolle zu finden. So verstanden ist mir in diesem Fall die Schöpfungsgeschichte sehr viel sympathischer als die Bestseller, die erklären sollen, warum Frauen nicht einparken können und Männer nicht zuhören. Ich glaube nicht, dass sich alle Männer und Frauen so über einen Kamm scheren lassen. Vielleicht sollten wir mehr nach unseren unterschiedlichen Veranlagungen schauen, dann ist auch die Frage nach irgendwelchen Benachteiligungen überflüssig. Auch das Überleben der Stärkeren, das es in der Evolution gegeben hat, bringt uns im menschlichen Miteinander nicht weiter. Gewalt als Mittel ist keine Hilfe, wenn ich meine Rolle als Mann finden will. Nur gemeinsam können wir Mensch sein, das lese ich aus der Bibel heraus. Es gehört zu uns, den Beistand anderer, ob Frau oder Mann, in Anspruch zu nehmen. Sich gegenseitig anzuziehen und Gemeinschaft zu genießen, aber auch die Spannungen auszuhalten, die sich ergeben, wenn man verschieden ist und doch zusammengehört und zusammenleben will.
Ich wünsche ihnen einen schönen Tag. Johannes Varelmann aus Wertheim von der katholischen Kirche. https://www.kirche-im-swr.de/?m=218
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