SWR3 Gedanken

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Meine Freundin Dorothea geht durch eine harte Zeit. Ihr Mann Benedikt liegt seit Anfang Januar mit einer Infektion in der Klinik. Dort hat er eine Hirnblutung bekommen und ist nach einigen OPs dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen. Beide sind Mitte dreißig. Sie wissen nicht, wie ihr Leben zukünftig aussieht. Wie lange wird die Reha und alles drumherum dauern? Wann kommt er wieder nach Hause und wie geht’s dann weiter?
Momentan sind sie einfach nur froh, dass Benedikt lebt. 

Es ist unvorstellbar für mich, wie Dorothea das schafft. Sie sagt, sie weiß selbst nicht, wie das alles geht. Irgendwoher bekommt sie die Kraft. Viele Leute begleiten sie gedanklich. Selbst mit anpacken geht kaum.

Es gibt aber doch was, was ihr hilft - ganz konkret. An dem Tag als Benedikt operiert wurde,  hat es Dorothea zuhause nicht mehr ausgehalten. Im Krankenhaus konnte sie aber auch nichts machen, außer auf der Intensivstation zu warten. Plötzlich kommt eine Krankenschwester und reicht ihr das Telefon. „Für sie.“ Dorothea wundert sich, und hört dann eine bekannte Stimme. Die gehört einer Krankenschwester von der Station, auf der Benedikt normalerweise liegt. Sie sagt: „Kommen Sie hoch. Wir haben noch ein Essen übrig. Das ist jetzt für Sie.“ 

Dorothea weiß gar nicht, was sie sagen soll. Eigentlich will sie das nicht annehmen und Hunger hat sie sowieso keinen. Aber die Schwester duldet keine Widerrede.

Dorothea hat erzählt, dass ihr selten ein Essen so gut geschmeckt hat. Genau das hat sie jetzt gebraucht. Was Warmes im Bauch, jemanden, der es ihr fertig hinstellt und klare Ansagen macht. 

Die Krankenschwester war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und hat erkannt, was nötig ist. Das finde ich so toll. Und genau das sind in schwierigen Zeiten die Menschen und Momente, die Kraft schenken, um weiterzumachen.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21745
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