Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Ich muss den Himmel nicht tragen“, d.h. ich bin nicht allein dafür verantwortlich, dass alles gut wird. In der Familie nicht, nicht auf der Arbeitsstelle und auch im Verein oder Freundeskreis nicht. „Ich muss den Himmel nicht tragen“ ich finde, dass ist ein befreiender Satz. Befreiend für alle, die überall ihr Bestes geben, sich abmühen, aber trotzdem das Gefühl haben, es ist nicht genug. Der Satz stammt von einem, der es gewohnt war, viel Verantwortung zu tragen und von dessen Tätigkeit man erwartete, dass sie was mit dem Himmel zu tun hat. Er stammt von Franz Kamphaus, dem Altbischof von Limburg.* Er entnimmt diese Weisheit einer Tiergeschichte: Zwei Vögel fliegen durch die Luft, der eine ganz untypisch fliegt auf dem Rücken und streckt die Beine gegen den Himmel. Der andere fragt ihn, was denn diese komische und auch anstrengende Art des Fliegens soll? Darauf antwortet der sehr wichtigtuerisch: „Ich muss mit meinen Beinen den Himmel tragen, wenn ich sie einziehe, stürzt der Himmel ein.“ Aber als er sich wegen einer Windböe plötzlich umdrehen muss, muss er feststellen, der Himmel bleibt und stürzt nicht ein.

Wenn ich aufhöre, dann stürzt alles ein. Ein Gefühl, das viele aktive Menschen kennen. Wenn mich dieses Gefühl beschleicht, hilft mir der Satz von Bischof Kamphaus: Ich muss den Himmel nicht tragen. Zum einen tragen da noch sehr viele andere mit und zum andern glaube ich, dass es letztlich Gott ist, der den Himmel trägt. Und deshalb: Ich brauche die Beine nicht gegen den Himmel zustrecken, ich darf frei fliegen. 

 

 

(* siehe Interview mit Bischof Kamphaus in Publik-Forum, Nr. 2, 26.01.2007, S. 46-49)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21722
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