SWR3 Gedanken

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„Heiliger Geist – was ist das überhaupt?“ Die Mittvierzigerin aus meiner Gesprächsgruppe über Theologie klingt leicht genervt. „So was wie eine große Kraft“, sagt einer. „Aber trotzdem wirkt sie ganz konkret“, behauptet eine andere.
„Stimmt“, überlegt Elke, die älteste unter uns, „ich würde sagen der Heilige Geist hilft den Menschen, dass sie andere so anschauen können, wie Gott sie gedacht hat, wie sie eigentlich sind.“
Ein paar murmeln Unverständnis, der Satz ist zu kompliziert.

Elke holt Luft und erzählt: „Als ich noch zur Schule ging, habe ich immer wieder gestottert. Es war mir schrecklich peinlich und ich hab‘ schließlich vermieden, mich zu melden. Einer meiner Lehrer hat in der 6. oder 7. Klasse mit uns ein kleines Theaterstück einstudiert. Und die Hauptrolle hat er mir gegeben. Mir! Meine Mutter hat ihn für verrückt erklärt. Das Kind stottert! Wie soll die auf der Bühne stehen und vor allen Leuten reden? Sie wird sich nur blamieren!
„Die kriegt das hin!“ hat er gesagt. Damit war für ihn die Sache erledigt.
Und – was soll ich sagen – ich hab‘s tatsächlich hinbekommen. Ich habe frei geredet auf der Bühne. Und die Aufführungen wurden ein voller Erfolg. Seither stottere ich nicht mehr.“

 „Und wo steckt jetzt da der Heilige Geist?“, fragt einer irritiert, „dass der Lehrer dir das zugetraut hat? Oder du es hinbekommen hast?“
Elke lächelt: „Tja, hoffentlich darin, dass ihr jetzt was mit meinem Erlebnis anfangen könnt. Der Lehrer hat mich jedenfalls so gesehen, wie Gott mich gedacht hat.
Ich wünschte, es gäbe viel mehr Lehrerinnen und Lehrer, Eltern und Leute in den Chefetagen, die diesen Blick haben. Dann würden uns noch viel mehr Geschichten zum Heiligen Geist einfallen.“

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