SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Manchmal vergesse ich, dass am 1. April die Scherzattacke droht, und falle auf merkwürdige Aufträge und Nachrichten herein. Sogar die Tageszeitung versucht ja einen hereinzulegen, und auch die Radiosender bringen am 1. April Beiträge, die man eher mit einer gewissen Skepsis anhören sollte. Meine Großmutter ist vor Jahren mit einem klassisch-unsinnigen Besorgungsauftrag geneckt worden. Angeblich wollten die Nachbarn ihren Swimming-Pool mit abgekochtem Wasser füllen und hätten die Nachbarschaft gebeten, solches Wasser herbeizuschaffen. Erst nach dem dritten Topf wurde die Arme aufgeklärt: April April.

Ich frage mich, ob sich hinter den Scherzen und dem Lachen des ersten April womöglich ein Osterlachen versteckt. Denn der Tradition nach ist der erste April auch der Geburts- und Sterbetag von Judas Ischariot. In der Bibel steht, dass Judas seinen Verrat bald bitter bereut und sich aus Verzweiflung darüber das Leben genommen hat. Die Theologen diskutieren darüber, ob Judas aus besten Motiven gehandelt hat und sein Verrat Jesus provozieren sollte, endlich seine Macht zu zeigen. Das hat ja dann auch funktioniert, allerdings völlig  anders, als Judas und viele andere es sich vorgestellt haben. Der letztlich bedauernswerte Judas aber gilt den Menschen seitdem als verflucht, und das betrifft auch seinen Todestag, den 1. April.

Kreuz und Tod haben für Jesus Christus nicht das letzte Wort. Am Ostertag ist er auferstanden. Zu Ostern gehört deshalb traditionell das Osterlachen, der Pfarrer oder die Pfarrerin erzählt einen Witz und die Gemeinde lacht dann symbolisch den Tod aus. Ich kann mir also gut vorstellen, dass dieses österliche Gelächter über den Tod irgendwann auch auf den 1. April übergesprungen ist. Jesus Christus ist für alle Menschen auferstanden, hat den Tod für alle Menschen erlitten und überwunden - da sollte Judas nicht zurückbleiben. Auch sein Tod wird verlacht.

Mir gefällt die Vorstellung, dass so am 1. April in Europa und Nordamerika herzhaft gelacht und damit dem Tod eine lange Nase gedreht wird. Und dass kein Mensch dabei hoffnungslos sein muss - wenn selbst Judas ein Lachen gegönnt wird und eine Hoffnung. Nicht zuletzt: Das Lachen am 1. April ist häufig auch ein Lachen über sich selbst. Das dürfte dem Tod auch nicht gefallen, schließlich ist er todernst. Das Lachen am 1. April aber nicht. Übrigens: Brauchen Sie noch ein bisschen abgekochtes Wasser für Ihren Swimmingpool?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21690
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