SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Auch wenn ich die Hände nicht falte, nicht in die Knie gehe und die Lieder nicht singen kann, kann ich beten. Auf meine Weise. Ich unterbreche mich, lasse den Stift fallen, verlasse den Schreibtisch. Ich versuche zu beten. Ohne Formeln. Gott braucht keine polierten Gebete. Hoffe ich. Ich suche und finde meine Sprache, meinen Ausdruck. Je älter ich werde je eigener wird mein Bitten, mein Beten, jenseits aller Schablonen und Muster. Man braucht immer weniger. Ich erzähle einfach, von dem, was mich umtreibt, mich bewegt, was ich Gott sagen will. Es sind keine Selbstgespräche, ich rede nicht ins Leere, ich glaube, dass nichts von alldem verloren geht. Es ist jemand da, der zuhört. Nicht irgendjemand, Gott ist da, der Ewige. Er hört und versteht. Nicht greifbar, nicht begreifbar, alles übersteigend. Das hoffe ich, das glaube ich. Manchmal genügt mir schon dieser Gedanke. Manchmal. Öfter hätte ich gern mehr. Sichtbares, Beweisbares. Doch Gott entzieht sich, bleibt ein Rätsel, ist das Geheimnis schlechthin. Meine Gedanken scheitern an ihm, meine Vorstellungen vergleichen zu sehr. Er tickt anders als ich. Er ist Gott, ich bin ein Mensch. Es hilft nichts  immer nach dem Warum zu fragen, wenn ich leide an seinem Schweigen zu Elend und Krieg, zu Hunger und Terror. Ich werde nie einen Sinn finden, nie eine Antwort, die mich jetzt tröstet. Außer der einen, dass wie es heißt „seine Gedanken nicht unsere Gedanken sind“. Damit muss ich leben so schwer das auch sein mag. Bisweilen ahne ich seine Nähe, trotz aller Verborgenheit, immer überraschend, nie vorhergesehen. Daraus lebe ich. Auch bleibt mir sein Wort um auszuhalten, sein Sakrament als Stärkung, seine Kirche die mich auffängt -immer wieder- und: seine Verheißung. Eins werden uns die Augen aufgehen, werde ich verstehen, wenn alles vollendet wird. Er hat es versprochen, das muss jetzt reichen. Es ist gut meinen Verstand für ein paar Takte in den Leerlauf zu schalten und zur Ruhe zu kommen, zum Frieden mit mir selbst, im Vertrauen auf Gott. Gerade jetzt in diesen Kartagen, die das Fest der Auferstehung vorbereiten. Ostern naht, das große Fest mit einer Botschaft, die mein Verstehen übersteigt und doch Himmel und Erde verbindet. Auch wenn das Halleluja nahe am Zweifel wohnt bleibt es doch stärker. Darauf hoffe ich, darum bitte ich. Für mich und für jede und jeden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21653
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