Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Wasser? Was ist Wasser?“ fragt der Fisch. Den besucht eines Tages der Frosch. Es war heiß und der Frosch genießt das klare, frische Wasser, in dem der Fisch gerade schwimmt. Aber der Fisch schaut den Frosch an und sagt: „Wasser? Was ist Wasser?“

Es gibt Tage, da hat man das Gefühl, völlig auf dem Trockenen zu sitzen. Nichts geht mehr. Alle Wege sind abgelaufen, alle Versuche, die Beziehung zum Liebsten zu retten, sind gescheitert. Alle Heilungsmöglichkeiten sind austherapiert.

Es gibt Menschen, die sitzen fest in der Sackgasse ihres Lebens. Wie die Flüchtlinge auf Idomeni. Hinter ihnen ist Krieg. Vor ihnen Mauer und Stacheldraht. Wo sind sie, die Menschen, die sich verantwortlich fühlen? Wo ist Gott? Gibt es Gott? Gott schweigt.

All diesen Menschen ist dieser Karsamstag gewidmet. Der Karsamstag erinnert an alle, die wir vergessen haben, die verloren gegangen sind. Die ertrunken sind auf der Flucht, die unschuldig im Krieg gestorben sind und die, die nie richtig leben durften. Karsamstag ist für die, die nicht wissen, wie das Leben weitergehen soll. Für sie schweigen heute alle Glocken. Und wer heute nicht tanzt, tanzt ihretwegen nicht.

Jesus Christus, gekreuzigt, gestorben und begraben, niedergefahren ins Reich der Hölle. Daran erinnern wir Christen uns an diesem Tag heute.

Wer glaubt, kann das tun, weil er weiß: die Hölle war nicht das Ende. Jesus Christus ist nicht in der Hölle geblieben, weil er sogar dort umfangen war von Gottes Liebe. Weil ihn sogar dort Gottes Liebe getragen hat. Diese aberwitzige, nie zu begreifende, manchmal verstörende Liebe. Von der man oft erst sehr viel später begreift, dass es sie gibt.

Und dass sie da ist wie das Wasser, das den Fisch trägt und hält und umgibt. Der Fisch, der das alles nicht wissen kann, weil er ja nie an Land war. Wasser? fragt der Fisch, Was ist Wasser?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21651
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