SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Was bewegt eigentlich Menschen in unserem Land zu fremdenfeindlichen Äußerungen?, frage ich mich: Was treibt sie an zu Polemik und üblen Verleumdungen gegen Politiker, Kirchen und sogenannte Gutmenschen?

Ich denke nicht an die Drahtzieher. Das sind wenige. Ich denke an die vielen Mitläufer – die im Kleinen und Großen das weitertragen – auf dem Schulhof, am Arbeitsplatz, in Kneipen oder daheim.
Mir verschlägt es immer wieder die Sprache, wenn ich das höre – oder wenn ich solche Mails und Anrufe bekomme. Das ist nicht typisch deutsch. Das gibt es in anderen Völkern auch.

Und plausibel ist für mich auch nicht: „Das ist der Aufstand der Armen und Benachteiligten.“ Ich erlebe wie Habende und Wohlhabende dabei kräftig mitmischen. Auch Erfolgreiche, Gebildete, Fleißige. Woher kommt die Rohheit? Woher der Neid – die Missgunst - die üble Nachrede?

Leicht könnte man dem allen eine religiöse Norm entgegen setzen: Achtung und Mitempfinden für Fremde gehen da verloren, wo ein Mensch nicht als Ebenbild Gottes geachtet wird. Wenn ein Flüchtlingskind in Idomeni – am Grenzzaun nach Mazedonien – einen Karton in die Höhe hebt mit der Aufschrift: »We are humans« – »Wir sind Menschen« – dann ist doch eigentlich klar: Da ist ein Ebenbild Gottes in Not. Und wenn es wieder und wieder heißt: „Die Fremden nehmen uns unsere Wohnungen, unsere Arbeitsplätze, unsere Sozialleistungen weg“  – dann steht das 8.Gebot dagegen: „Du sollst nichts zum Nachteil Anderer sagen.“ 

Doch – und das fällt mir an mir selber auch auf: Die Achtung des Anderen als ein Ebenbild Gottes steckt nicht von Geburt an in mir. Genau so wenig wie die Zehn Gebote, die Menschen vor gengenseitigen Übergriffen schützen sollen – vor Neid und Missgunst. Diese religiösen Normen sind nichts, was ich als Jugendlicher einmal beigebracht bekomme und das sitzt dann für´s Leben. Die Angst zu kurz zu kommen, steckt weiter in mir, vertreibt meinen solidarischen Blick auf den Anderen. Das Gebot deckt erst einmal nur mein Vergehen auf – wie Paulus es einmal ausdrückt: „Durch das Gebot kommt es zur Erkenntnis der Sünde.“ (Röm 3,20)

Dabei will ich nicht stehen bleiben. Ich will mich auf dem Weg machen  – als Ebenbild Gottes mit anderen Ebenbildern – zu einem Leben, wo die Angst zu kurz zu kommen – wo Neid und Missgunst - verschwinden. Es ist ein Weg, den ich selber immer wieder von neuem suchen und gehen muss. Und den mit mir offenbar noch viele im Land vor sich haben.  Mir hilft meine Religion dabei.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21638
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