Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Im interkulturellen Wandkalender an unserer Küchentür herrscht in diesen Wochen die Farbe grün, vier Wochen lang. Grün, die Farbe des Propheten Mohamed oder die Farbe der Seele. Ramadan ist angesagt. Mehr als eine Milliarde Menschen in aller Welt feiern jetzt den Fasten- Monat. In Europa sind es 40 Millionen. Zwischen dem ersten Morgenlicht und Sonnenuntergang nimmt in diesen Tagen der gläubige Muslim keinerlei Nahrung oder Genussmittel zu sich. Das gehört zu den Grundpflichten des Islam. Für mich ist das eine Provokation.

Das fordert mich heraus, nach zu denken. Auch wir Christen haben ja unsere Fastenzeiten. In der christlichen Kirche ist Violett die liturgische Farbe für den Advent und die Fastenzeit vor Ostern. Es ist die Farbe der Besinnung, der Buße, der Einkehr und Umkehr. Aber das ist lange aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden. Wir sehen das nicht mehr so eng. Und wir finden, das ist etwas für Diabetiker oder gehört in die Esoterik.

Schade eigentlich. Denn wenn wir das altgotische Wort fastan im Ursprungssinn nehmen, bedeutet es: (fest)halten, beobachten, bewachen. Fasten bedeutet nicht nur Kontrolle über das Körpergewicht, sondern wer fastet hält fest, gewinnt etwas. Fasten kann Harmonie und Demut in unser Leben bringen. In der Bibel wird das erzählt von David von Hiob und natürlich von Jesus. Fasten kann unsere Wahrnehmung und Aufmerksamkeit fördern, unsere Willenskraft stärken. Der Politiker Gandhi hat in seinem Kampf um die Freiheit Indiens oft gefastet, um seinen Willen fit zu halten. Und im Judentum gibt es ein Trauerfasten, das gehört immer dazu, wenn ein Mensch stirbt.
Aber es gab und gibt Menschen, die in ihrem Leben Zeiten der Askese mit Zeiten der Lebensfreude und des Genusses verbinden können. Von der Mystikerin und Kirchenlehrerin Teresa von Avila (1515-1582) ist der Ausspruch überliefert: „Wenn Rebhuhn, dann Rebhuhn — wenn Fasten, dann Fasten.“ Da wird dem Fasten aller Krampf genommen.
Auch ein anderer Spruch wird Teresa zugeschrieben: „Sei freundlich zu Deinem Leib, damit Deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“
.Ramada. Der Blick auf den grünen muslimischen Monat jetzt könnte auch uns helfen, es auch einmal zu probieren, freundlich zu sein mit unserem Körper durch Fasten.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2158
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