SWR2 Wort zum Tag

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Nur ein Wort steht auf dem Plakat der Künstlerin Nahid Shahalimi. „Coexist“ auf deutsch: Koexistiere. Die Buchstaben sind aus Symbolen der großen Weltreligionen gemacht. Das C am Anfang symbolisiert zum Beispiel ein Halbmond. Und der zweite Buchstabe, das O, ist aus dem „Peace-Zeichen“ entstanden, das für Frieden steht. Und so geht es Buchstabe für Buchstabe weiter. Der Schriftzug ist kunstvoll gezeichnet und verziert. Und trotzdem: als ich die Symbole zum ersten Mal in dieser Reihenfolge gesehen habe, konnte ich sie unmittelbar lesen und verstehen. Koexistiere! 

Dieses etwas sperrige Wort ist wieder in Mode gekommen - zwangsweise. Millionen Menschen auf der ganzen Welt sind auf der Flucht. Das stellt die Weltgemeinschaft vor ganz neue Herausforderungen. Wie gehen wir mit Fremden um, die zu uns kommen? Wie gehen wir mit der Vielfalt um? Kulturen und Religionen treffen mehr und mehr aufeinander.

Viele Menschen hier in Deutschland sind verunsichert und besorgt. Alles was fremd und anders ist, kann mich zunächst einmal ängstigen. Das gehört zum Leben wohl dazu. Aber es muss nicht dabei bleiben.

Der Begriff Koexistenz könnte dabei helfen. Die Künstlerin Nahid Shahalimi stammt aus Afghanistan, sie ist im kanadischen Exil aufgewachsen und lebt mittlerweile in München. Sie ist also selbst ein Beispiel für weltweite Offenheit.

Sie reist mit ihrem Plakat durch die Welt und lässt es von berühmten Persönlichkeiten unterzeichnen. Der ehemalige afghanische Präsident Hamid Karsai hat zum Beispiel schon unterschrieben. Oder die englische Sängerin Lisa Stansfield. Aber auch weniger berühmte Persönlichkeiten dürfen mit auf das Plakat.

Nahid Shahalimi sagt: „Für mich bedeutet Ko-Existenz Weltgemeinschaft und Respekt. Es bedeutet Toleranz und Akzeptanz von Unterschiedlichkeit - egal welches Geschlecht oder welche Religion.“

Damit macht die Künstlerin auch deutlich, dass es bei der Koexistenz nicht darum geht, alle Unterschiede zu verwischen und einen Einheitsbrei anzurühren. Es ist durchaus möglich, von einem eigenen Standpunkt aus andere Kulturen und Religionen wertzuschätzen, ohne dabei seine eigene Identität aufgeben zu müssen. 

Mit ihrem Kunstprojekt will Nahid Shahalimi ein Zeichen setzen und weltweit Gefolgsleute für ihre Sache gewinnen.

Der Wunsch nach Frieden wird dabei jedoch nicht allein durch Unterschriften erfüllt.

Koexistenz beginnt überall da, wo ich anderen Menschen begegne. Wenn ich mit anderen in ein offenes Gespräch komme, wenn ich Wahrheit auch in anderen Standpunkten entdecke oder wenn ich nicht die anderen zu ändern versuche, sondern mich selbst.

So kann wirklich werden was für Nahid Shahalimi noch ein Traum ist: „Simply coexist!“ - Koexistiere doch einfach!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21509
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