SWR2 Wort zum Tag

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Vor 20 Jahren, Ende Oktober 1986, in Assisi. Vertreter von zwölf Religionsgemeinschaften, unter ihnen des Buddhismus und des Hinduismus, des Judentums und des Islam, treffen sich mit Delegationen aus den christlichen Kirchen. Papst Johannes Paul II hatte zu Fasten und Gebet eingeladen, damals in einer Zeit, als der Konflikt zwischen Ost und West durch erneute Aufrüstung der Nuklearwaffen auf einen gefährlichen Höhepunkt zulief. „Die Herausforderung des Friedens - sagte der Papst - übersteigt die religiösen Differenzen.“ (Schlussansprache vor der Basilica San Francesco am 27.10.1986) ...Und weiter: „Trotz der ... Unterschiede, die sie trennen, sind alle Religionen der Welt aufgerufen, ihren Beitrag zum Entstehen einer menschlichen, gerechten, geschwisterlichen Welt zu leisten. ... Nachdem die Religionen selbst oft genug Grund für Spaltungen waren, möchten sie jetzt einen wirksamen Beitrag leisten für den Aufbau des Weltfriedens.“ Das ungewöhnliche Treffen von Vertretern verschiedener Religionen in Assisi vor 20 Jahren profitierte von den reichen Erfahrungen der Christen im ökumenischen Dialog der Konfessionen. Da war ein tiefer Respekt für den Unterschied; für den eigenen Glauben und für den Glauben der anderen. Jeder sollte in der Gegenwart der anderen beten und ihnen sein Gebet mitteilen. Jeder sollte die Gebete der anderen hören und sie als Betende wahrnehmen, d.h. als Menschen, die sich, von ihrem Glaubensverständnis ausgehend, auf Gott hin öffnen. Die Begegnung bezeugte: Wichtiger als die Religionen ist Gott. Ziel des Religiösen ist, in der Sprache des christlichen Glaubens gesagt, „die Ankunft des Reiches Gottes“. Und Religionen dienen Gott, wenn sie sich in den Dienst der Menschen stellen. Sie machen sich unglaubwürdig, wenn sie sich wie Feinde begegnen. Einer der Teilnehmer am Treffen in Assisi, Kardinal Etchegaray, schrieb im Rückblick: „An diesem Tag habe ich ein wenig das Herz der Welt schlagen hören. Es bedurfte nur einer kurzen Begegnung, ... weniger Worte und Gesten, damit die zerrissene Menschheit voller Freude die Einheit ihres Ursprungs wiederentdeckte“ (Kardinal Roger Etchegaray, in Chemin de Dialogue, Nr. 7, S. 7)
Die Erinnerung an die Begegnung in Assisi vor zwanzig Jahren verpflichtet uns. Heute spitzt sich der Konflikt zwischen westlich-christlicher und östlich-muslimischer Welt immer gefährlicher zu. Das Zeugnis für einen Gott des Lebens bewahrheitet sich, wenn wir als Menschen verschiedener Religionen alles tun, was Versöhnung und Frieden fördert.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=215
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