SWR3 Gedanken

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Ich stehe vor dem Rathaus in Kaiserslautern und unterhalte mich mit einer Bekannten. Plötzlich werden wir von einer fremden Frau angesprochen, die uns einen Fünf-Euro-Schein unter die Nase hält. Ob wir wechseln können, fragt sie uns. Sie muss nur für ein paar Minuten ins Rathaus, aber sie hat kein Münzgeld für das Parkticket.

Leider kann niemand von uns den Schein wechseln, aber was soll’s. Mich machen fünfzig Cent nicht arm. Deswegen drücke ich der Frau einfach die Münze in die Hand. Schließlich war ich oft genug in derselben Situation. Sie zögert einen Moment, bedankt sich dann und nimmt das Geld. Nachdem sie ihr Parkticket gezogen hat, verschwindet sie im Rathaus.

Tatsächlich ist sie nach wenigen Minuten wieder zurück, geht kurz an ihr Auto und kommt dann noch einmal auf uns zu. Jetzt drückt sie mir etwas in die Hand. Keine fünfzig Cent, sondern ein Stück Eierlikörkuchen in Folie gepackt. „Selbstgebacken“, sagt sie. „Sie sollen auch etwas zum Freuen haben.“

Und das tue ich. Ich freue mich. Was für eine nette Geste! Und während ich Krümel für Krümel den Eierlikörkuchen genieße, geht mir diese kleine Alltagsgeschichte durch den Kopf. Die fünfzig Cent hatte ich längst abgeschrieben. Keine Gegenleistung erwartet. Aber der Eierlikörkuchen war ja auch keine Gegenleistung. Er war auf seine Weise ein Geschenk. Und gerade deshalb habe ich mich auch darüber gefreut.

Ich werde nun zukünftig sicherlich nicht mit fünfzig-Cent-Stücken um mich werfen in der Hoffnung, dass es beim nächsten Mal Schwarzwälder-Kirschtorte sein wird. Denn dann wäre ja wieder alles beim Alten: Schenken als eine Art Tauschgeschäft, als wirtschaftliche Investition.

Schenken soll sich nicht auszahlen. Es soll zunächst einmal einfach nur Freude machen. Geben, weil man geben will. Oder um es mit der Bibel zu sagen: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21450
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