SWR3 Gedanken

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„Das Fasten ist die Speise der Seele“, meint der Kirchenlehrer Chrysostomus schon im 4. Jahrhundert nach Christus. Und er behauptet weiter: „Das Fasten macht die Seele kräftiger.“

Eine kräftige Seele, das klingt gut. Deswegen faste ich auch gerade. Seit Aschermittwoch bleibt der Wein im Keller und die Schokolade im Schrank. Kein Alkohol, keine Süßigkeiten bis Ostern. Meinem Körper wird das auf jeden Fall gut tun. Aber wieso wird meine Seele davon kräftiger?

Weil es ja nicht nur um den Alkohol und die Süßigkeiten geht. Es geht grundsätzlich um das, was ich konsumiere. Wenn man aufpasst, dass man bestimmte Dinge nicht zu sich nimmt, achtet man automatisch besser auf das, was man zu sich nimmt. Und entdeckt dabei, dass man sich eine Menge antut, was weder dem Körper noch der Seele gut tut.

Das gilt für Lebensmittel wie auch für Lebensgewohnheiten. Unglaublich, was ich manchmal gedankenlos in mich hineinstopfe, weil ich in Eile bin. Unglaublich, dass ich überhaupt so oft in Eile bin. Unglaublich, wie viel Lebensqualität übers Jahr auf der Strecke bleibt, weil man mit dem eigenen Leben Raubbau betreibt. Und genau das schwächt die Seele.

In der Fastenzeit kann man mal die Reißleine ziehen. Für ein paar Wochen das innere Auge öffnen für das Leben. Darauf achten, wie ich lebe. Was ich esse, was ich tue, was ich fühle, wie ich meine Zeit verbringe. Einen liebevollen und aufmerksamen Blick auf mich werfen und auf das himmlische Geschenk, das „Leben“ heißt. Und spüren, wie die Seele neue Kräfte kriegt.

Schon jetzt freue ich mich auf die Entdeckung, wie lecker Schokolade schmecken kann. Wenn ich an Ostern ein Stück probiere und bewusst genieße. Und ich freue mich auf die Entdeckung, wie wertvoll Zeit ist, wenn ich sie nicht einfach vorbeirauschen lasse. Wie anders sich Leben überhaupt anfühlen kann, wenn ich achtsam damit umgehe. Und das nun eben nicht nur zur Fastenzeit.

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