Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Kluge Männer tragen heute eine Krawatte, die sie immer schon wegwerfen wollten, die anderen haben Pech: heute am Weiberdonnerstag, schneiden die wilden Weiber den Männern ihren Halsschmuck ab. Wer nur noch so ein Krawatten-Stümmelchen am Hals trägt, der wird durch „Bützchen“ entschädigt – immerhin. Das ist im Rheinland so der Brauch und wahrscheinlich finden die meisten Männer und Frauen das mit den Bützchen nett – wer es nicht mag, muss sich aber dann von Karneval feiernden Menschen etwas fernhalten. Ich habe mich gefragt, wie ein Mann sich wehren könnte gegen das Geknutsche, wenn er keine Lust dazu hätte. In diesen tollen Tagen gilt man leicht als spießig oder verklemmt, wenn man nicht so ausgelassen drauf ist. Also macht Mann gute Miene zu diesem Spiel. Andererseits: meist sind Männer größer und körperlich stärker als Frauen; wenn sie wollen, können sie die Damenwelt in der Regel leicht auf Abstand halten.

Umgekehrt ist es schwieriger. Mit dem richtigen Mann macht das Spiel mit dem Feuer ja Laune, aber nicht jeder ist der Richtige. Und bei den Frauen geht es ja nicht nur um Bützchen, da wird auch mal angefasst und umarmt und es gibt Klapse und so – nicht immer zur Freude der entsprechenden Frau. Und den Frauen und Mädchen wird auch gleich klargemacht: alles nur Spaß, sich wehren ist blöd und provoziert die Männer vielleicht sogar. Eigentlich will die Frau doch; wenn sie sich wehrt, gehört das zum Spiel. Das stimmt aber nicht. Nein bedeutet nein. Auch im Karneval.

Also schau ich dem Mann einen Augenblick in die Augen, da sehe ich dann schon, ob er das Spiel mitspielen will. Und wenn ja, schnipp schnapp, Schlips ab und dann klappt’s auch mit den Bützchen.

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