SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Ich bin mit einem eher mulmigen Gefühl ins Jahr 2016 gestartet. Mich beschäftigen noch die Ereignisse des letzten Jahres. Als ich im Fernsehen die Jahresrückblicke verfolgt habe, ist es mir vorgekommen, als ob eine Krise auf die andere gefolgt ist und ein Unglück auf das nächste. Währungskrise, Krieg und Terror machen mir Sorgen. Und auch wenn die Politiker sich auf dem Klimagipfel endlich zu notwendigen Maßnahmen durchgerungen haben, habe ich kein gutes Gefühl, wenn ich an das warme Wetter im Dezember denke. Ein „alles wird gut“, wie die Moderatorin Nina Ruge es oft gesagt hat, kommt mir da nicht so einfach über die Lippen.

In einer Pressenotiz habe ich von Kindern und Jugendlichen gelesen, die am Silvesterabend bei Papst Franziskus waren. Sie haben wahrscheinlich auch nach einigen dieser kritischen Punkte gefragt. Er hat jedenfalls geantwortet: „Das Gute gewinnt immer, auch wenn es in manchen Momenten schwächer und unsichtbar zu sein scheint“.

Noch in derselben Nacht ist es dann in Köln und in anderen Städten zu den Ausschreitungen gekommen. Das gibt eher dem zweiten Teil dieses Satzes Recht. Im Moment scheint das Gute wohl wirklich schwächer oder unsichtbar zu sein. Trotzdem gefällt mir, was der Papst gesagt hat. Er blickt nämlich über den Moment hinaus auf das, was letzten Endes zählt.

„Das Gute gewinnt immer, auch wenn es in manchen Momenten schwächer und unsichtbar zu sein scheint“. Je länger ich über diesen Satz von Papst Franziskus nachdenke, desto klarer wird mir eines: Es ist besser, wenn ich im neuen Jahr nicht nur auf das schaue, was aktuell bedrückend ist. Ich will meine Zeit auch dazu nutzen, weiter in die Zukunft zu schauen. Als Christ steckt da für mich eine Herausforderung drin: dass ich mich immer wieder daran orientiere, was Jesus geglaubt hat. Gerade er hätte ja bei seinem Tod am Kreuz resignieren können. Er hat das Gute gepredigt und nicht nur das. Er ist auf alle Menschen liebevoll zugegangen, die ihm begegnet sind. Einige haben das verstanden. Andere aber nicht. Die haben ihn als Bedrohung gesehen und aus dem Weg geräumt. Das sieht ja wieder so aus, als ob das Böse über das Gute siegt. Selbst bei Jesus. Er hat aber dieses Böse nicht weggezaubert, sondern ausgehalten. Und er hat sich dabei ganz auf Gott und seine Liebe verlassen. Darauf, dass Gott diese Welt mit all ihren Facetten liebt, auch mit dem, was nicht gut erscheint. Dass Jesus von den Toten auferstanden ist, heißt dann nicht nur, dass der Tod überwunden ist, sondern auch, dass diese Liebe so mächtig ist, dass sie das Böse entwaffnen kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21338
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