SWR3 Gedanken

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Shavgar ist schon seit sechs Jahren in Deutschland, als er herkam war noch Frieden in Syrien. Er hat hier angefangen zu studieren, aber nach einem Jahr wurde alles anders:
Der Krieg in seiner Heimat hat es seinen Eltern unmöglich gemacht, ihn weiter zu finanzieren. Nach und nach wurde die Situation für die Familie immer schwieriger.
Die beiden jüngeren Brüder sind nach dem Abitur geflüchtet.
Sie sind vor der Einberufung in Assads Armee desertiert, die Eltern, die Großmutter, der kleinste Bruder, lebten in einer vom IS bedrohten Region in Nordsyrien.
Shavgar war verzweifelt vor Sorge, ist krank geworden darüber und hat alles getan um seine Familie hierher zu retten.
Nach jahrelangen Bemühungen konnten erst die Brüder und schließlich auch der Rest der Familie nachkommen. Shavgar dachte, jetzt wäre das Schwierigste geschafft.
Aber dann kamen die vielen Flüchtlinge ins Land und so viele die zuvor voll Verständnis waren, wenn sie von der geflüchteten Familie hörten, haben nun Angst, wurden unfreundlich und abweisend.
„Ich kann die Leute ja verstehen, und ihre Angst, aber was können meine Eltern dafür?“ sagt Shavgar.
Da sind die einen die helfen, aber immer mehr Leute werden immer aggressiver gegenüber den Flüchtlingen.
Die Eltern fürchten sich auf die Straße zu gehen. Er sagt: „Sie verstehen ja nicht was die Leute sagen, aber die Blicke verstehen sie sehr wohl.
Und da reicht es, wenn sie sich endlich hinaus trauen und einmal spüren, dass sie hier nicht willkommen sind, das nimmt ihnen den ganzen Mut, sie haben doch eh alles verloren.
Auch ich bin ein anderer geworden. Ich bin viel empfindlicher. Die Blicke treffen auch mich. Früher war ich ein Student und es war nur die normale Ablehnung von Fremden, die ich so erlebt habe. Ich konnte das aushalten, weil ich wusste warum ich hier bin.
Aber jetzt ist meine ganze Familie hier.
Sie sind Flüchtlinge. Ich gehöre zu ihnen und ich kann auch nicht zurück nach Syrien.
Ich war ein Student, jetzt bin ich selbst ein Flüchtling geworden.“

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