SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Mich hat eine junge Frau beeindruckt. Ich habe von ihr gelesen. Sie ist um die 30 und unheilbar an Krebs erkrankt. Sie wird von einem Palliativteam zu Hause gepflegt. Diese Unterstützung hilft ihr, möglichst eigenständig und schmerzfrei zu leben. Das ist ihr wichtig. So ist sie trotz allem zufrieden, ja mehr noch: durchaus fröhlich, stand in dem Bericht. Das hängt anscheinend auch mit ihrer Sicht auf die Krankheit zusammen. „Die Krankheit gehört doch zu mir und zu meiner Geschichte“, sagt sie. Die junge Frau scheint versöhnt zu sein mit ihrer Krankheit, so habe ich den Bericht verstanden. Und das hat mich beeindruckt.
Wie ist das möglich? Vielleicht versteht sie unter heil und gesund etwas anderes als wir es normalerweise tun. Heilung heißt ja für die meistens: Geheilt ist der, der keine Beschwerden mehr hat, bei dem eine Krankheit ein für alle Mal überwunden ist. Heilung heißt: Es ist alles wieder wie vorher.
Viele Menschen erwarten von Gott dasselbe: Wenn er heilt und hilft, dann sind alle Probleme vom Tisch. Alles ist wieder gut. Aber ich meine, das ist ein zu einfaches Verständnis von dem, was Heilung bedeuten könnte.
In der Bibel steht eines der kürzesten Gebete, die ich kenne: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.“ (Jeremia 17,14). Vielleicht, denke ich mir jetzt, hat die junge, kranke Frau das genau richtig verstanden.
Für sie gehört zum „heil sein“, dass sie versöhnt mit ihrer Krankheit leben kann. Dass ein Mensch das kann, kann er nicht selber machen, glaube ich, sondern das ist ein Geschenk. Als Christ sage ich: ein Geschenk Gottes.
Man kann Gott um dieses Geschenk bitten. Vielleicht mit den Worten des Gebets aus der Bibel: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil. Hilf du mir, so ist mir geholfen.“ Wenn einer krank ist und es wenig Hoffnung auf Besserung gibt, kann vielleicht dieses kurze Gebet helfen. Ich kann mit diesen Worten Gott um sein Eingreifen bitten. Und manche haben es erfahren, dass so tatsächlich auch etwas wieder heil wird – vielleicht nicht unbedingt im medizinischen Sinn, aber doch in diesem umfassenderen Sinn: „Ich kann meine Krankheit annehmen, sie gehört zu mir. Und ich gehöre zu Gott. Er wird mir helfen und mich stützen. Was auch geschieht.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21135
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