SWR3 Gedanken

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Paulus schrieb an die Apachen, ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen. Zitat von Robert Gernhardt. Und auch wenn Paulus nie an die Apachen geschrieben hat, ist das eine Antwort auf eine der großen Streitfragen unserer Zeit. Darf man im Gottesdienst klatschen? Erlaubt die Atmosphäre eines Gottesdienstes spontanen Applaus?

Kürzlich hatten wir Schulgottesdienst. Ungefähr 300 lebendige kleine Knirpse, die so ziemlich jeden Satz, der ins Mikrophon gesprochen wurde, mit frenetischem Applaus bedachten. Als selbst das von allen gesprochene Vater Unser hinterher begeistert beklatscht wurde, wurde es denn auch mir zuviel. Tatsächlich gibt es eine Grenze für das Klatschen. Weil ein Gottesdienst eben ein Gottesdienst ist. Und keine Theateraufführung.

Und genau da liegt der Knackpunkt. Ich beobachte immer öfter, dass Menschen – nicht nur Kinder - Gottesdienste besuchen, als seien sie zu Gast in einem Theater. Die anderen singen, die anderen beten, die anderen machen. Irgendwo da vorne im Altarraum. Aber sie selber sitzen da und bleiben Zuschauer. In einem Geschehen, das sie eigentlich nichts angeht. Wenn dann ein Applaus kommt, bleibt ein schales Gefühl. Zumindest bei mir. Weil für mich noch immer ein Gottesdienst etwas anderes ist als eine One-Woman-Show mit ein paar Nebendarstellern.

Ich möchte mit Menschen gemeinsam Gottesdienst feiern. Und wenn dann etwas geschieht, was allen gefällt, was alle bewegt, was alle mitreißt, dann fangen auch meine Hände automatisch an zu applaudieren. Wie zum Beispiel bei der kleinen Julia, die für ihren Bruder, der getauft wird, ein Flötenstück spielt. Das hat nichts mit Show zu tun. Sie hat etwas zu einem gemeinsamen Fest beigetragen, das wir in diesem Gottesdienst feiern. Das hat jeder in dieser Kirche gespürt. Deshalb: Bewegt Eure Hände, applaudiert der kleinen Julia!

Der Applaus im Gottesdienst bleibt eine Sache des Feingefühls. Es gibt kein elftes Gebot, das den Applaus in der Kirche verbietet. Aber eben da, wo er paßt. Und er paßt nicht immer. Nach einem Gebet zum Beispiel, da reicht ein einfaches Amen. Denn das heißt auf deutsch: So sei es. Und wenn ich dieser Meinung im Gottesdienst bin, dann reicht eindeutig das gesprochene Wort.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=2113
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