Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Ich kann mich noch gut an unsere erste Küche erinnern. Die war aus allen möglichen Teilen zusammengestoppelt, nicht unbedingt praktisch angeordnet, alles war improvisiert.

„Das ist nur provisorisch“, haben wir unseren Gästen erklärt, aber die fanden unsere Küche ganz hübsch und wir eigentlich auch.

Seit vielen Jahren haben wir jetzt eine richtige Einbauküche. Wir sind zufrieden, alles hat Platz, alles ist praktisch, gut sauber zu halten, aber hübsch? Eigentlich nicht. Dafür sorgen dann kleine Accessoires, wie jetzt z.B. der kleine Adventskranz. Dinge, die kommen und gehen, je nach Jahreszeit, nach Laune und Gelegenheit.

Seltsam: das was nicht fest steht, was vorübergehend, provisorisch und kurzlebig ist, das macht unsere für Jahrzehnte geplante Küche erst wohnlich.

Das Provisorische, das was kommt und schnell wieder geht, was immer mal wieder wechselt, das ist das Interessantere.

Das trifft irgendwie auch den Kern des Advent. Wir sind gerade mittendrin. Advent ist die Mahnung, offen zu bleiben, sich nicht fix und fertig einzurichten.
Wachsam, wartend zu sein – weil diese Welt provisorisch ist – vorübergehend.

Selbst das, was absolut sicher erscheint, Sonne, Mond und Sterne, sind erschütterbar.  So heißt es im Gottesdienst am 1. Advent.  Oder nicht stehen zu bleiben, immer bereit, sich auf den Weg zu machen, wie Johannes der Täufer in der Wüste  oder die schwangere Maria, die ihre Verwandte Elisabeth besucht. Auch das sind Texte der Bibel, die jetzt im Advent eine Rolle spielen. Überall spielt das Provisorische eine Rolle, das was vorüber geht, was nicht lange hält. Das ist durchaus unbequem, denn Hand aufs Herz: wir haben es doch lieber geregelt und verlässlich. Hauptsache alles bleibt so wie es ist. Auch wenn das langweilig werden kann. Der Advent sagt: bleib offen für Neues! Stell dich auf Veränderungen ein! Denn da kommt noch was! Nichts bleibt so, wie es ist, auch wenn dir das gar nicht lieb ist. Deshalb richte dich besser schon mal darauf ein. Dass sich alte Probleme plötzlich lösen können, und andere neu entstehen. Und wenn Neues, Ungewohntes in diesen unruhigen Zeiten  auf uns zukommt, denken Sie daran: nicht das fest Eingerichtete ist das Interessante, sondern das Provisorische. In diesem Sinne: Willkommen im Provisorium Leben und noch einen guten Advent.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21038
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