Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Lächle und sei froh, denn es könnte schlimmer kommen. Und ich lächelte und war froh und es kam schlimmer.“ Wenn ich heute auf das Weltgeschehen schaue, werde ich an diesen Spruch erinnert und schmunzele nicht. Es scheint tatsächlich so zu sein. War man vor kurzem noch der Meinung, ein Bankrott Griechenlands könnte uns alle in die Pleite führen, redet heute kein Mensch mehr davon. Viel Schlimmeres hat sich aufgetan. Denn über das Mittelmeer kommen fremde Menschen zu uns, die Bilder aus Lampedusa sind viel emotionaler als Finanzstatistiken. Habe ich Lampedusa gesagt? Längst sind die Bilder sinkender Schrottboote übertüncht von Bildern der Flüchtlingstrecks durch die Balkanstaaten, von Zeltstädten und Stacheldrahtzäunen an den Grenzen. Nichts kann das toppen. Dachte ich! Jetzt sind es die Terrorangriffe des Islamischen Staates und die Bilder brennender und abstürzender Flugzeuge. Staaten, die mit den Säbeln rasseln, dass mir angst und bange wird.  Und über all dem schwebt als I-Tüpfelchen noch das Damoklesschwert des Klimawandels, der uns alle betrifft. Nein ich lächle nicht und ich bin auch nicht froh. Und es wird trotzdem schlimmer. Ganz egal, was ich tue und wie ich mich verhalte. Oder ist es doch anders? Einen seltsamen Zwiespalt stelle ich bei mir fest: auf der einen Seite dieses Gefühl von Hilflosigkeit: ich sitze in einem Zug, dessen Fahrt ich nicht beeinflussen und aus dem ich auf keinen Fall aussteigen kann. Auf der anderen Seite spende ich für Flüchtlinge, werbe für eine Willkommenskultur, engagiere mich für den Klimaschutz  und versuche so gut es geht, ein verantwortungsvoller Bürger und auch Christ zu sein. Auf der einen Seite kann es einem himmelangst werden, auf der anderen Seite bleibe ich trotz allem ein froher und grundsätzlicher positiv gestimmter Mensch. Und das Lachen ist mir auch nicht vergangen. Warum das so ist, kann ich nicht genau sagen. Wahrscheinlich bin ich  einfach so. „Lächle und sei froh“. Das klingt so entsetzlich banal und unpassend. Aber es ist eine von ganz vielen Möglichkeiten und Wegen, mit den Aufgaben umzugehen, die sich uns heute stellen. Und den Menschen, die heute wahrlich nichts zu lachen haben, mit einem Lächeln und mit Freundlichkeit zu begegnen, ändert zwar die Welt nicht, macht sie aber auf jeden Fall etwas erträglicher.

 

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21036
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