SWR4 Abendgedanken

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Manchmal könnte man denken: Gott hat mich vergessen. Er kümmert sich nicht um meine Sorgen.
So ging es wohl Zacharias und seiner Frau Elisabeth. Die Bibel erzählt von den beiden, dass sie sich ein Kind gewünscht haben. Als ihr Wunsch unerfüllt blieb, hat es sich vermutlich so für sie angefühlt: Gott hat uns vergessen.
In biblischer Zeit wahrscheinlich noch viel stärker als heutzutage war das für die Menschen eine schmerzliche Situation. Kinderlosigkeit, das galt als Strafe Gottes. Da sind die Zweifel. Die Leute haben wahrscheinlich geredet: Sind Zacharias und Elisabeth vielleicht selber schuld an ihrem Schicksal?
Aber die Bibel betont: Das Schicksal von Zacharias und Elisabeth hat nichts mit Schuld zu tun. So steht die Frage da: Warum? Warum bleibt unsere Sehnsucht unerfüllt? Hat Gott uns vergessen?
Solche Fragen gibt es auch heute. Renate zum Beispiel hat mich gefragt: Warum habe ich ein behindertes Kind, für das ich sorgen muss? Die Pflege geht über meine Kraft. Ist das Leben so ungerecht, oder hat Gott uns vergessen?
Renate muss schon so lange alleine für ihr Kind da sein. Und sie macht sich Sorgen, wie lange sie das noch schafft.
Von Zacharias und Elisabeth erzählt die Bibel, dass sie Geduld hatten. Wie sie das geschafft haben?
Gott hat mich nicht vergessen - das ist die Übersetzung des Namens Zacharias. Und ich denke mir: Vielleicht ist es das, was Zacharias und Elisabeth in ihrer Kinderlosigkeit Geduld gegeben hat. Gott hat mich nicht vergessen. Vielleicht hat er etwas anderes mit uns vor? 
Die Bibel erzählt von den beiden: Eines Tages wurde alles noch einmal ganz anders. Obwohl sie schon älter waren und vielleicht schon nicht mehr damit gerechnet hatten, bekamen sie ein Kind. Sie gaben ihm den Namen Johannes. Das bedeutet: Gott ist gnädig.
Gott hat mich nicht vergessen. An Zacharias und seiner Frau kann man sehen, wie diese Gewissheit Kraft gibt. Und das wünsche ich auch Renate. Dass Gott ihr die Kraft gibt, für ihr Kind da zu sein. Ich hoffe, dass sie Menschen findet, die sie unterstützen und entlasten, wenn ihr die Pflege zu viel wird. Ich hoffe, dass sie das auch annehmen kann und spüren kann: Gott hat mich nicht vergessen.

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