SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Unruhiger Advent - die Menschen sind geschäftig in diesen Tagen. Walter sitzt vor mir und stützt den Kopf in die Hände. Er ist erschöpft. Er erzählt mir davon, dass er besonders nachts keine Ruhe findet. „Ich wache auf, und meine Gedanken kreisen um meine Sorgen.“
Und dann kann er nicht mehr einschlafen und denkt über seine Sorgen nach. Er grübelt. Es ist wie ein Strudel, der ihn immer mehr in die Tiefe zieht.
Da ist die Geschäftigkeit am Tag fast wie eine Erholung,“ sagt er.
Am Tag, da ist er abgelenkt. Walter ist fast ein bisschen ärgerlich darüber, dass gerade in diesen Tagen so oft von der Stille geredet wird und von der Besinnung und dass die Menschen zur Ruhe kommen.
Ich kenne das auch: Stille ist etwas, was man alleine manchmal nicht gut hinbekommt. Zur Ruhe kommen. Die Aufgaben oder die Sorgen abstellen wie ein Fließband, das man anhält auf Knopfdruck, -- das funktioniert nicht.
Mir hilft es manchmal, wenn ich mir anhöre, wie jemand anderes so einen Gedankenstrudel beschreibt und wie er damit umgeht.
Deshalb lese ich Walter einige Verse aus den Psalmen vor. Das Lied eines Menschen, der vor langer Zeit wahrscheinlich etwas Ähnliches erlebt hat wie er. Der Psalmbeter spricht vom Chaos seiner Gedanken. Seine Sorgen, seine Gefühle sind wie ein Strudel, und er betet:
Es brausen die Wasserströme mit Getöse,
Welle um Welle mit ohrenbetäubendem Lärm. (Ps 93, 3 Basisbibel)
„Genau wie bei mir,“ sagt Walter.
Aber dann macht der Psalmbeter sich klar:
Gewaltig ist das Getöse der Wasserfluten. Mächtiger sind die Brecher des Meeres, am mächtigsten aber ist Gott in der Höhe. (nach Ps 93, 4 Basisbibel)
Walter nimmt sich vor, das auszuprobieren: Seine kreisenden Gedanken anzuschauen wie der Psalmbeter. Man kann sie nicht auf Knopfdruck abstellen. Aber Gott bleibt bei mir. Ich muss mit dem Getöse nicht allein fertig werden. Darauf kann ich mich verlassen und das Ruder festhalten. Wie ein Steuermann, der die Nerven behält und den Mut und der deshalb das Boot im unruhigen Wasser sicher steuert und schließlich -- in ruhigere Wasser bringt.
Gott als Begleiter zu entdecken, das gibt Sicherheit.
Ich wünsche Walter, dass er gut aus der Unruhe herausfindet - mit Gott an seiner Seite.

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