Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Es war ein stiller Sonntag gestern. Volkstrauertag, nein eigentlich Welttrauertag. Rund um die Erde haben Menschen um die Opfer der Terroranschläge von Paris getrauert.

Wenn sich die Stadt der Lichter verdunkelt, dann leuchtet der Rest der Welt für sie! Ging es durch die sozialen Netze. Und Bilder dazu: vom Eifelturm, dem Wahrzeichen der Stadt, ganz dunkel. Dafür das Brandenburger Tor, der segnende Christus in Rio, die Oper von Sidney und viele andere Nationaldenkmäler- hell leuchtend in blau -weiß- rot, den französischen Nationalfarben. 

Wenn sich dein Leben verdunkelt, dann will ich mein Licht für dich leuchten lassen. So geht das von Mensch zu Mensch. Und das macht für mich unser Menschsein aus. 

Dass wir bereit sind, uns in die hineinzuversetzen, deren Leben sich verdunkelt hat. Dass wir bereit sind, ihren Schmerz zu fühlen. Dass wir sie  fragen, wie wir mittragen können, was allein nicht zu tragen ist, wie wir heraushelfen können. Menschsein hängt davon ab, ob wir das wollen. Und unser Mitgefühl nicht davon abhängig machen, ob ein Mensch aus Paris kommt oder aus Syrien, ob er Christ ist, oder Moslem oder Atheist. Menschlichkeit stellt keine Bedingungen an Herkunft, Religion, Kultur oder Geschlecht. Sonst ist es keine. 

Menschlichkeit braucht Zeit. Deshalb möchte ich Sie heute Morgen bitten, nicht zu schnell zur Tagesordnung überzugehen. Sondern das Leben zu verlangsamen. Schweigeminuten einzulegen. Nicht nur, um den Opfern von Paris und unseren französischen Freunden die Ehre zu erweisen. Auch um die eigenen Gefühle und die Angst besser zu verstehen. 

Angst will recht verstanden sein. Sie braucht das Gespräch mit Anderen und das Gespräch mit Gott. Damit jenseits der Gefühle die innere Gewissheit reifen kann, was zu tun ist. Mit Vernunft und klarem Kopf. Mitgefühl ist der Anfang von Allem. Für mich als Christin liegt darin eine große Hoffnung. 

„Was ihr einem der Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“ sagt Jesus. Und er meint, dass wir in den Augen derer, dessen Leben sich verdunkelt hat, Gott selbst begegnen können. Die Stadt der Lichter hat sich verdunkelt. Aber der Rest der Welt kann umso heller leuchten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20903
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