SWR3 Gedanken

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Die Familie kommt aus Serbien. Mutter, Vater, Sohn. Es sind muslimische Serben. Aber Moslems sind sie eigentlich nur auf dem Papier.
Bereits 1992 war die Familie nach Deutschland geflohen. Damals herrschte Krieg in ihrer Heimat, damals hätten sie ohne Probleme in Deutschland bleiben können, aber sie gingen zurück. Um ihr Land wiederaufzubauen.
Was dann folgt, ist eine einzige Welt der Angst. Für die Moslems nicht muslimisch genug, für die Christen nun eben Moslems, fällt die Familie in ihrer Heimat durch alle Raster. Gewalt und Todesdrohungen sind an der Tagesordnung. Die Familie flieht 2013 erneut nach Deutschland.
Hier fallen sie wieder durch alle Raster. Serbien gilt mittlerweile als sicheres Herkunftsland. Wie sicher ist ein Land, in dem man als Kriegsdienstverweigerer mit Gefängnis rechnen muss, als Frau Freiwild ist oder als muslimischer Schüler schnell mal ein Messer am Hals hat? Offensichtlich sicher genug, um in einen Zug gesetzt zu werden.
Ganz klar. Was derzeit in Deutschland an Flüchtlingen ankommt, ist für unser Land eine echte Herausforderung. Wir sehen Bilder von Menschen, die aus bombardierten Städten kommen oder vor den marodierenden IS-Truppen flüchten. Und der Balkankrieg ist für uns irgendwie längst Geschichte.
Für die Familie aus Serbien nicht. Und sie sind mir ein Beispiel dafür, dass es mit der Sicherheit so eine Sache ist. Und dass jeder Mensch, jedes Schicksal einen eigenen Blick verdient. Auch in diesen Zeiten, in denen unsere Gesellschaft in die Knie zu gehen droht, weil so viele bei uns Heimat suchen.
Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt. So lautet ein jüdisches Sprichwort. Und jenseits aller Religion, ist das doch ein Satz, den sich jede Gesellschaft ins Stammbuch schreiben kann.

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