Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Einer teilt, der andere wählt, so hieß es, als ich ein Kind war.

Wenn wir 4 Schwestern etwas geschenkt bekamen, musste immer geteilt werden. Und als Älteste kann ich fast alles, besonders gut Schokolade so aufteilen, dass jedem egal ist, was er bekommt, weil die Teile komplett gleich sind.

Teilen ist das Markenzeichen des Tagesheiligen von heute, des Heiligen Martin, und bei dieser Gelegenheit allen, die Martin oder Martina heißen, herzlichen Glückwunsch zum Namenstag.

Teilen ist ja zur Zeit wieder sehr gefragt. Durch die großen Fluchtbewegungen in der Welt bekommt auch unser kleines Land Zuwachs: auf 80 Alteingesessene kommt ein Neuer, und die Neuen kommen fast ohne Habe.

Da erlebe ich drei Stufen des Teilens. Die einen finden Dinge im Keller oder auf dem Speicher, die man noch gebrauchen kann – die diese Menschen aber schon lange nicht mehr brauchen. Die Neuen können fast alles gebrauchen, so hilft es ihnen, und die Spender haben ein gutes Gefühl. Das ist schön.

Dann gibt es Stufe zwei: ein Friseursalon spendiert ein paar Haarschnitte gratis. Eine Tankstelle spendiert Tankfüllungen für Helfer. Eine große Bäckerei spendet Geld. Das tut alles noch nicht weh, aber es ist einfach gut. Und ganz viele Menschen spenden Zeit, in der sie sich um die Neuen kümmern.

Die Stufe drei ist dem Beispiel des Heiligen Martin am nächsten: eine Frau hat eine kleine Familie aus Eritrea in ihr Haus aufgenommen, wo die Kinderzimmer jetzt leer stehen. Einfach so, weil sie Platz hatte und die Menschen ein Dach über dem Kopf brauchen. Und klar, sie hat selbst festgelegt, welche Zimmer sie abgibt und welche sie behält. Aber wie Martin die Wärme und Geborgenheit seines Mantels mit dem Bettler teilt, so teilt sie  die Wärme und Geborgenheit ihres Hauses mit den Neuen. Bewundernswert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20840
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