Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Montagabend, 20.16. Uhr. Ein Kleinlastwagen knallt mit einer Fahrradfahrerin zusammen. Sie liegt schwerst verletzt am Boden. Unter den ersten, die zur Unfallstelle kommen, ist ein Krankenpfleger. Er leistet fachgerecht erste Hilfe, bis der Notarzt kommt. Aber trotzdem stirbt die junge Frau 28 Stunden später auf der Intensivstation.

In einer anderen Ecke Deutschlands wartet ein junger Mann auf das Taxi, das ihn zur Dialyse bringen wird. Drei Mal die Woche muss er für ein paar Stunden an eine künstliche Niere angeschlossen werden, die sein Blut wäscht. Die eigenen Nieren schaffen das nicht mehr.  Die sechs Stunden an den Geräten erscheinen ihm als verschwendete Zeit, er hätte so viel anderes zu tun. Und auch nach der Dialyse ist er erstmal müde und muss sich ausruhen. Von den sieben Tagen jeder Woche bleiben ihm immer nur vier, an denen er ein einigermaßen normales Leben führen kann. Und auch das nur im Schongang.

Wenn er eine neue Niere bekäme, würde er viel Zeit und Lebensqualität gewinnen.

Aber Nieren gibt es nicht im Supermarkt.

Wenn die Fahrradfahrerin einen Organspende-Ausweis hätte, könnte sie im Sterben noch ein großes Geschenk machen: ihr Ableben würde den jungen Mann aufleben lassen. Aber ob ein junger Mensch daran denkt, einen Organspende-Ausweis bei sich zu tragen? Wahrscheinlich nicht. Sie konnte ja auch wirklich am Morgen dieses Tages nicht ahnen, dass es der vorletzte Tag ihres Lebens sein würde.

Ich jedenfalls werde wieder daran erinnert, dass jeder Tag mein letzter Tag sein könnte. Und mein Organspende-Ausweis liegt beim Perso im Portemonnaie.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20839
weiterlesen...