SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

Morgen ist Reformationstag und es ist genau fünf Jahre her, dass unser ältester Sohn Papst geworden ist. Aber er musste dafür nicht nach Rom ziehen. Er konnte zuhause bleiben und hat auch damals Benedikt, dem Sechzehnten, nicht das Amt streitig gemacht. Der ist natürlich weiterhin Bischof von Rom geblieben und Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche.
Und doch stimmt es: Denn vor 5 Jahren im Reformationsgottesdienst wurde er getauft und „was aus der Taufe gekrochen ist, das kann sich rühmen, dass es schon zum Priester, Bischof und Papst geweiht sei.“ So hat Martin Luther mit starken Worten die Bedeutung der Taufe beschrieben.
Ich verstehe das so:. Ich brauche gar kein spezielles Amt, um Gott zu dienen und ihm nahe zu sein. Das kann jeder Christ. Denn mit der Taufe hat Gott – so sagt Luther – alle in den gleichen Stand gehoben und somit ganz viele bestehende Unterschiede aufgehoben.
Damit hat Luther damals die Welt auf den Kopf gestellt. Denn wenn mit der Taufe alle Priester, Bischof oder Papst sind, dann sind alle Gläubigen gleich wichtig.
Konkret heißt das zum Beispiel: Ein Gebet, das ich als Pfarrerin spreche, ist nicht wichtiger oder wirksamer als wenn ein anderer Christ betet. Mit der Taufe sind wir alle vor Gott gleich und ihm gleich nah. So kann jeder seine Gaben einbringen und andere trösten und unterstützen und ermutigen: denn alle sind berufen und begabt, in der Bibel zu lesen, die biblischen Texte auszulegen und miteinander Gottesdienst zu feiern, Kranke zu besuchen und sich um Arme zu kümmern. Jeder kann und darf das machen, was er am besten kann. Niemand braucht denken: Ich bin ja nur ein einfacher Mensch, Glauben und Gottvertrauen, das ist nur etwas für die besonders Frommen. Durch die unterschiedlichen Begabungen wird die Gemeinschaft der Christen sehr vielfältig und lebendig. Und wenn jeder das einbringt, was er am besten kann, wird auch niemand bloßgestellt.
Mir gefällt diese Vorstellung. Und Gott bei den Glaubenden keine Unterschiede macht nach Herkunft, Vermögen oder Ausbildung. Denn mit der Taufe haben wir ja schon das höchste Amt bekommen: Wir sind Priester, Bischof und auch Papst. Gottes Kinder. Und das feiern wir morgen am Tauftag unseres Sohnes.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20781
weiterlesen...