SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

Die Meldungen und die Bilder sind schrecklich,
die seit Monaten durch die Nachrichten flimmern
und auf Zeitungsseiten zu sehen sind:
Uralte Ruinen werden platt gemacht in Syrien,
vor allem in der Weltkulturerbe-Stadt Palmyra.
Islamischer Staat nennen die Berserker sich,
die da die alten Tempel in die Luft jagen oder mit Bulldozern niedermachen;
angeblich, weil der Koran das vorschreibt: Alles von Heiden aufgebaut da;
die haben Götzen angebetet. Muss alles weg.

Man könnte ja leicht drüber weggehen; sind doch nur Ruinen und alte Steine.
Hier in Trier können wir glaube ich einschätzen,
was verloren gehen würde, käme jemand auf so aberwitzige Ideen:
Die römischen Ruinen, die den Alltag in der Stadt begleiten,
stehen oft genug im Weg – aber sie sind eben auch noch viel mehr.
Sie erinnern ganz handgreiflich daran,
dass diese Stadt eine Geschichte hat –
und mit der Stadt zusammen auch die Menschen, die hier leben.
Ob sie nun schon immer und seit Generationen da sind
oder zugewandert vor Jahrzehnten wie meine Familie und ich
oder erst ganz vor kurzem:
Alte Gebäude wie die Porta Nigra und die KonstantinBasilika
und der uralte Trierer Dom verbinden uns mit den Menschen vor uns,
von denen sonst kaum etwas übrig geblieben ist – außer der Erinnerung.

Andererseits: So schrecklich es ist, wie sie da in Syrien versuchen,
die Erinnerung zu pulverisieren, es wird ihnen nicht gelingen.
Das Gedächtnis der Menschen vor Ort und weltweit
widersteht jedem Bulldozer; es übersteht beinah jede kriegerische Niederlage
und selbst scheinbare Siege wie den der Terrortruppen.
Es ist gut, Ruinen und Steine zu haben – die können das Gedächtnis stützen.
Bilder und Bücher tun das auch.
Viel wichtiger ist, dass Menschen die alten Geschichten im Herzen bewahren
und sie weitergeben – untereinander und an die nächsten Generationen.
So funktioniert Geschichte und Gedächtnis –
und so funktioniert ja auch wirkliche Religion.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20748
weiterlesen...