Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Danke. Ich habe schon genug Socken!“ Meine Frau ist ungeduldig, aber die freundliche, junge Dame in dem Sportgeschäft will mich nicht gehen lassen. „So eine Socke haben Sie garantiert noch nicht.“ Da bin ich doch neugierig und bleibe stehen.
„Diese Socke hat Sensoren.“ Die Verkäuferin hebt die Socke hoch. „Diese Sensoren erkennen, wie sie laufen. Sie erkennen, ob Sie schwitzen.“
Ich bin ganz von den Socken.
„Wirklich?“, frage ich, „die Socken erkennen, ob ich warme Füße habe?“ Ich denke: Das merke ich doch auch. Aber: Können mir die Socken auch sagen, ob ich auf dem Holzweg bin? Das wäre eine Erfindung. Was es da alles zu erfinden gibt.
Ich stelle mir vor: Eine Brille, die meldet, dass sie Gott sieht? Ein Hörgerät, das mir hilft, Gott zu hören.
Meine Frau will mich weiter ziehen. Sie befürchtet, dass ich die Socke doch noch kaufe. Oder, noch schlimmer, der Verkäuferin lang und breit erkläre, warum ich diese Socke ganz bestimmt nicht kaufen werde.
Socken, die mir sagen, dass meine Füße warm sind! Das merke ich doch selbst. Das ist für mich kein Fortschritt. Höchstens eine Form der Überwachung.
Vielleicht meldet die Socke ohne mein Wissen übers Internet einem Schuhhändler, welche Schuhe ich gerne trage. Und morgens habe ich dann Werbung für Schuhe im Briefkasten.
Ich fühle lieber selbst, wie meine Füße sich fühlen.
Und ehrlich gesagt will ich auch lieber mit eigenen Augen herausfinden, ob Gott mich sieht und wann er bei mir ist. Dazu will ich keine Geräte.
Ich will selber fühlen, wenn es mir warm wird ums Herz. Dazu brauche ich keine Elektronen im Unterhemd.
Die Verkäuferin meint: „Diese Socke ist die erste intelligente Socke auf dem Markt, eine technische Revolution!“
„Danke“, sage ich, „aber ich habe wirklich genug Socken.“
Ich denke: „Hoffentlich werden die Socken nicht irgendwann einmal intelligenter als ihre Besitzer!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20722
weiterlesen...