SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Die sind doch alle Muslime, was machen wir denn da?“ – solche Sätze höre ich als Pastor, der sich in unserem Arbeitskreis Asyl engagiert, gerade immer wieder.
Wir als Christen. Was machen wir denn da?
Wir lieben. Und das ist extrem verwirrend für manche, merke ich. Ich bin mit anderen zusammen schon seit mehr als 10 Jahren im Kontakt mit Menschen aller Herkunftsländer, die in meiner schönen Heimatstadt ein Zuhause gesucht haben. Es macht für uns keinen Unterschied, ob jemand Deutscher ist, Deutscher mit Migrationshintergrund, ein Flüchtling oder jemand, der seit Jahren in Deutschland nur geduldet ist. Wir haben einfach ein Herz für sie, vor allem für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für deren Eltern. Und das irritiert manchmal sehr.
Viele Muslime, mit denen ich zu tun habe, sind ehrlich überrascht, weil wir auch offen über unseren christlichen Glauben sprechen. Das kennen sie nicht. Nur wenige Christen sagen, dass sie jeden Sonntag in die Kirche gehen und glauben, dass Beten etwas bewirkt. Aber ich finde: Ich bin Christ. Das dürfen die Fremden wissen.
Manche der Muslime haben Sorge, dass ich sie zu meinem Glauben überreden will. Manche wollen mich von ihrem überzeugen. Aber das ist, bei allem Interesse und allem Respekt von meiner Seite, einfach nicht möglich. Denn ich weiß, was ich an meinem Glauben habe.
„Was machen wir denn da?“ Wir lieben. Wir haben zum Beispiel einen Schutzraum für Jugendliche geschaffen, an dem sie an einem Abend der Woche erleben, dass jeder Mensch willkommen ist. Hier sind alle Menschen gleich.
Wir lieben, weil wir zum Gott der Liebe gehören. Wir stehen zu unserem Glauben – ruhig und ruhig auch in der Öffentlichkeit. Wir gehen Auseinandersetzungen nicht aus dem Weg und setzen Grenzen. Aber nicht mit Macht und Gewalt, sondern so wie es die Bibel sagt: Wir lieben, denn Gott hat uns zuerst geliebt. Und wir hoffen darauf, dass er sich gerade in unserer Liebe mit seiner ganzen Kraft zeigt.
Vielleicht, so hoffe ich, kommt gerade von mir als einem, der der Vater dieser jungen Leute sein könnte, so viel Liebe bei ihnen an, dass sie erkennen, dass es etwas Besonderes ist, nicht nur an einen großen, allmächtigen Gott zu glauben, sondern an unseren Vater im Himmel. Wenn alle Christen das glauben könnten, hätten alle viel weniger Angst.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20702
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