SWR2 Wort zum Tag

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Am letzten Sonntag waren viele Kirchen mit Äpfeln und Kartoffeln, Kürbissen und Trauben geschmückt, weil Erntedank gefeiert wurde. Auch bei den Juden gibt es  ein Erntedankfest  – das sogenannte Laubhüttenfest. Es heißt so, weil man während der Festwoche provisorische Hütten baut, in denen gemeinsam gefeiert wird. Man übernachtet sogar in diesen Hütten,  die so gebaut werden, dass man nachts noch den Sternenhimmel sehen kann. Für Kinder ist das natürlich ein besonderer Spaß. Das Laubhüttenfest erinnert so   an die Zeiten erinnern, als Israel auf dem Weg ins gelobte Land durch die Wüste zog. 

Wenn dann die Erntegaben vor Gott gebracht werden, soll man folgende Worte aus der Bibel sprechen: 

 „Mein Vater war ein heimatloser Aramäer. Er zog nach Ägypten und lebte dort als Fremder. Die Ägypter behandelten uns schlecht und machten uns rechtlos. Da schrien wir zum Herrn, unserm Gott, und er erhörte unser Schreien. Er führte uns aus Ägypten und brachte uns an diese Stätte und gab uns dieses Land, in dem Milch und Honig fließen. Und siehe, nun bringe ich hier die ersten Erträge von den Früchten des Landes, das du mir gegeben hast.“ (Dtn 26,5-11) 

Dass sie sich über die Ernte freuen können, ist für Juden nicht selbstverständlich. Es ist nicht nur der Lohn ihrer Arbeit. Sie verdanken es letztlich ihrem Gott, der ihnen dieses Land gegeben hat, wo „Milch und Honig fließen“. Darum sollen an diesen Tagen alle feiern und fröhlich sein, auch die Witwen und Waisen und die Fremden im Land. Dieser Gedanke ist typisch für das Alte Testament: Weil Gott seinem Volk ein gutes Leben geschenkt hat, sollen auch die Armen und Fremden daran teilhaben und  die nötigen Rechte haben, die ihr Überleben garantieren. 

Dass viele Menschen ihre Heimat verlassen mussten, weil sie dort nicht mehr leben konnten, ist zu allen Zeiten bittere Realität gewesen. Und gerade die  Juden haben in ihrer Geschichte immer wieder Vertreibung und Exil erfahren – deswegen ist das Laubhüttenfest für sie bis heute aktuell. Mich beeindruckt, dass es dabei nicht nur um das  eigene Volk geht. Natürlich steht der Dank  für  eine gute Ernte, für das Leben und Überleben im Zentrum. Aber   das Lebensrecht der Fremden und Heimatlosen kommt auch zur Sprache. Im eigenen Land zu leben/zu sein, in einer vertrauen Umgebung und Kultur ist nicht einfach selbstverständlich – es ist immer auch eine Verpflichtung, den Fremden faire Lebenschancen einzuräumen.  

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20677
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