SWR2 Wort zum Tag

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Wann fängt der Mensch an Mensch zu sein? Die Frage beschäftigt Paläoanthropologen auf der ganzen Welt. Forscher, die sich mit der Entwicklung des Menschen beschäftigen. Und die immer wieder vor neuen Rätseln stehen. Da entdecken etwa Höhlenforscher vor zwei Jahren in Südafrika Knochen. Was heißt Knochen? In der Rising-Star-Höhle finden sich Gebeine von mindestens 15 Individuen. Insgesamt anderhalbtausend Knochen und Zähne. Und alle gehören zu einer bisher völlig unbekannten Menschenart.

Rätsel Nummer eins: Was waren das für Menschen? Ihre Knochen, ihre langen gekrümmten Finger, ihr kleines Gehirn weisen auf ein Individuum irgendwo zwischen Affe und Mensch hin. Das Problem: Für die Forscher ist nicht ganz klar, was eigentlich den Menschen ausmacht. Wo der Affe aufhört und der Mensch beginnt.

Rätsel Nummer zwei: Wie kommen die Knochen in die Höhle? Zufällig sicher nicht. Denn sie fanden sich in einem nur schwer zugänglichen Teil einer Höhle. Einer Art Kammer. Der Zugang war keine 20 Zentimeter breit. Die Toten müssen also extra dort abgelegt worden sein. Ob sie dort bestattet wurden? Ob es sich um eine Art Gruft handelt? Offene Fragen, die kaum zu beantworten sind.

Letztlich münden diese Funde immer wieder in eine Frage: Wann ist der Mensch ein Mensch? Und die Antwort lautet: Das kommt auf vieles an. Die Knochen liefern ein paar Hinweise: Menschsein hat mit der Größe des Gehirns zu tun, mit der Art und Weise seiner Fortbewegung, mit der Länge der Finger. Aber auch mit Ernährungsgewohnheiten und damit, ob dieser frühe Mensch mit Werkzeugen arbeiten kann. Die Funde zeigen aber auch deutlich: Zum Menschsein gehören Verhaltensweisen und Handlungen. Beispielsweise die Bestattung. Mit Toten behutsam umzugehen, sie zu schützen und zu begraben, das ist auch Teil seines Menschseins.

Bis heute macht sich Mensch-Sein am Verhalten fest. An der Art und Weise, wie Menschen mit sich und anderen umgehen. Es sagt uns, ob wir menschlich handeln – oder eben nicht. Das betrifft den Umgang mit den Toten, aber auch mit den Lebenden. Für die Spezies Mensch ist die Länge der Fingerknochen und die Größe des Gehirns wichtig. Aber eben auch, wie menschlich sich Menschen verhalten.

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