SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

Franz von Assisi lebte um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert. Es gibt wohl kaum einen Heiligen, der so unterschiedliche Menschen anspricht und bewegt wie er. Einige Millionen Besucher kommen jährlich in die kleine Stadt Assisi in Italien. Sie möchten dem Heiligen näher kommen an dem Ort, an dem er gelebt hat. Was sie anzieht, ist die Art und Weise, wie sein Leben von der Begegnung mit Jesus Christus geprägt war.

Kardinal Bergoglio aus Argentinien hatte bei seiner Wahl zum Papst im März 2013 als erster in der Geschichte der Päpste den Namen 'Franziskus' angenommen. Im Lehrschreiben zu Fragen der Umwelt vom Mai dieses Jahres erläutert er seine damalige Entscheidung: Er schreibt: „Franz von Assisi ist für mich das Beispiel einer besonderen Aufmerksamkeit für die Schöpfung Gottes und für die ärmsten und am meisten verlassenen Menschen“. In Franziskus erkennt der Papst einen Menschen, bei dem die Sorge um die Natur und die Sorge um die Gerechtigkeit gegenüber den Armen untrennbar miteinander verbunden sind.

Diese Verbundenheit ist es, auf die der Papst in seinem Rundschreiben immer wieder hinweist. Das ist das eigentlich Neue. Darauf kommt es entscheidend an. „Wir erkennen heute“, sagt er, „dass bei einem wirklich ökologischen Ansatz … die Klagen der Armen ebenso gehört werden müssen wie die Klage der Erde. Alles ist miteinander verbunden.“ Das politische Ringen um gerechte soziale Verhältnisse kann also nicht auf Kosten eines schonenden Umgangs mit der Umwelt gehen. Und ein umweltbewusstes Verhalten darf die Not bedrängter und verzweifelter Menschen nicht vergessen lassen. 

Grundlegend für diese Sensibilität sowohl einer ausgebeuteten Umwelt als auch menschenverachtenden Verhältnissen gegenüber, ist etwas, was uns Modernen am meisten abgeht: die Offenheit für das Staunen und für das Wunder, die in vielen  poetischen Texten von Franz von Assisi erzählt werden. Ohne diese Offenheit – so der Papst – werden wir immer die eigenen Interessen an die oberste Stelle setzen. Wenn wir aber fähig sind, über die Wunder der Erde und all der Menschen, die großzügig lieben, ins Staunen zu geraten, so sind wir schon verbunden mit allem; und Genügsamkeit und Fürsorge kommen von selber auf.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20657
weiterlesen...