Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Mit Zahlen kann man beeindrucken. Zahlen zählen viel. Wie viel Gewinn oder Verlust. Wie viele Besucher im Stadion, welche Einschaltquote bei einer Sendung, wie viel verkaufte Platten, Bücher, Autos.
Je größer die Zahl, desto mehr scheint zu zählen, was dahinter steckt. Je größer die Zahl, desto mehr macht sie aber auch Angst. Die Zahl der Flüchtlinge zum Beispiel. Wie viele werden kommen?
Wird es am Ende tatsächlich eine ganze Million sein? Wie viele werden wir aufnehmen können. Niemand weiß das so genau. Was machen wir mit den großen Zahlen?
Ich weiß, mit großen Zahlen kann man Stimmungen beeinflussen.
Täglich sagen sie uns in den Nachrichten die Zahlen von der Börse. Dax und Dow Jones, ob gestiegen oder gefallen, das entscheidet darüber, ob es ein guter oder ein schlechter Tag gewesen ist.
Was Zahlen im Zusammenhang mit Flüchtlingen betrifft, so bin ich in der Bibel auf eine ganz besondere Wahrnehmung gestoßen:
Im Psalm 56 betet ein Mensch zu Gott  und sagt:
„Zähle doch bitte die Tage meiner Flucht!“
Bei dem, was wir alles in Zahlen ausdrücken, kommt selten vor, wie lange Menschen Leid und Angst ertragen müssen, ehe sie bei uns abgezählt und registriert werden. Niemand zählt das. Das zählt scheinbar nicht.
Nur Gott, der merkt sich das, der weiß Bescheid, der kennt sich aus.
Wenigstens einer soll sich kümmern um meinen Kummer, der sich so viele Tage lang einfach nicht ändern oder bessern will. Mit Zahlen kann man beeindrucken.
Die unzähligen Tage und Nächte der Flüchtenden stehen in keiner Zeitung. Aber bei Gott sind sie gut aufgehoben. Immerhin. Was wirklich zählt in diesen Tagen das ist Empfindsamkeit und Sensibilität für das lange Bangen der Menschen, die sich ihres Lebens nicht mehr sicher sind. Gott zählt die Tage ihrer Flucht. Gott sei Dank.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20634
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